Hochschulbau als Aufgabe der Hochschulen – ein Praxisbericht

 
Dr. Annette Fugmann-Heesing
, Vorsitzende des Hochschulrats der Universität Bielefeld, schildert am Beispiel der eigenen Universität, wie große Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen heute in NRW umgesetzt werden und wie die Verantwortungsübernahme durch die Universität die Beschleunigung von Baumaßnahmen ermöglicht.
 

Foto: David Ausserhofer

 

Die Hochschulen stehen vor großen Herausforderungen im Hochschulbau: Milliarden sind erforderlich, um den Sanierungsstau aufzulösen. Aber Geld allein wird die Probleme nicht lösen. Denn die Planungs- und Umsetzungszeiten sind zu lang. "Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler planen neue Gebäude und sind in Rente, bevor sie fertig sind", bringt der Heidelberger Rektor Prof. Eitel es auf den Punkt. Wen wundert es da, dass auch Bedarfe, die sich aus neuen Lehrkonzepten, aus der Digitalisierung in allen Bereichen, der Flexibilisierung der Arbeitswelt und der immer drängenderen Frage nach nachhaltigem Bauen ergeben, selbst in neuen Gebäuden nicht immer überzeugend gelöst sind. Wir müssen aufpassen, dass wir nicht mit den Anforderungen der Vergangenheit die Zukunft der nächsten fünfzig Jahre im wahrsten Sinne des Wortes zementieren.

Eine (Teil-)Antwort kann die Verschlankung und Flexibilisierung der Entscheidungs-, Planungs- und Umsetzungsprozesse sein. Das wird nicht gelingen ohne eine stärkere Verantwortung der Hochschulen für das Baugeschehen und damit auch für die Hochschulräte in ihrer Aufgabe, das Rektorat zu überwachen und zu beraten.

Die Universität Bielefeld ist ein gutes Beispiel dafür, wie große Sanierungs- und Modernisierungs­­maßnahmen heute in NRW umgesetzt werden und wie durch Verantwortungsübernahme durch die Universität die Beschleunigung von Baumaßnahmen möglich wird.

Bielefeld hat zwei aufwändige Bau- und Sanierungsmaßnahmen zu stemmen: die Sanierung und Modernisierung des Universitätshauptgebäudes, das mit 314.000 qm Brutto-Grundfläche das größte zusammenhängende Universitätsgebäude Deutschlands ist, und die Realisierung der Lehr- und Forschungsbauten für die neue medizinische Fakultät mit einem Bauvolumen von mehr als einer halben Milliarde Euro.

Die Sanierung des Universitätshauptgebäudes erfolgt durch den Bau- und Liegenschaftsbetrieb (BLB) des Landes NRW, der auch Eigentümer des Gebäudes ist und von dem die Universität dieses anmietet. Die Mietmittel werden ihr vom Land zur Verfügung gestellt. Sechs Bauabschnitte sind geplant, der 1. Bauabschnitt wird im nächsten Jahr nach rund zehn Jahren Planungs- und Bauzeit fertiggestellt. Baubeginn für den 2. Bauabschnitt ist 2025, geplante Fertigstellung Ende 2028. Die Vorplanungen für den 3. Bauabschnitt, für den frühestens 2029 Baubeginn ist, sollen im Herbst 2023 abgeschlossen sein. Selbst wenn die Umsetzung sehr konsequent und schnell erfolgt, werden bis zur Fertigstellung von heute gerechnet vermutlich noch zehn Jahre vergehen. Werden die Anforderungen an Hochschulbauten dann noch die sein, die den Planungen zugrunde liegen?

Das Verfahren ist ein Beweis für die oft langwierigen und schwierigen Abstimmungsprozesse, in denen die Universität kein eigenes Entscheidungsrecht hat. Dementsprechend hat auch der Hochschulrat in diesem Verfahren keine eigenen Kontrollpflichten. Intensive Beratungen gab es vor allem in der Planungsphase, in der die Vorstellungen der Universität formuliert werden mussten, und vor der Baubeauftragung durch den BLB, als sich deutliche Kostensteigerungen gegenüber der ursprünglichen Planung abzeichneten, die auch zu Lasten des Hochschulhaushalts gegangen wären. Damals kamen in einem Due-Diligence Projekt alle Risiken noch einmal auf den Prüfstand und in der Folge wurden kostensenkende Umplanungen erforderlich. Die Befassung des Hochschulrats im weiteren Verfahren beschränkte sich im Wesentlichen auf Berichte zum Umsetzungsstand.

Viel intensiver ist die Befassung des Hochschulrats mit den Neubauten für die medizinische Fakultät, die von der Universität in eigener Regie realisiert werden. Die Übernahme der Bauherreneigenschaft erforderte die Zustimmung des Hochschulrats (§ 21 Abs.1 Nr. 3HG NRW i.V.m. § 2 Abs. 8 HG NRW), die dieser nach Abwägung der Chancen und Risiken gegeben hat. In der Planungsphase hatte er zu beraten, ob die notwendigen rd. 31.000 qm Fläche in einem Gebäude oder aus Gründen der Risikominimierung in mehreren kleineren Gebäuden errichtet werden sollten. Nun ist es seine Aufgabe, sich regelmäßig vom Kanzler berichten zu lassen, dass kosten- und termingerecht gebaut wird, und, falls erforderlich, nötige Nachsteuerungen zu veranlassen. Dafür wurde in Abstimmung von Hochschulrat und Verwaltung ein Berichtsformat entwickelt, das zu j e d e r Hochschulratssitzung in einem Ampelsystem den zeitlichen Status der laufenden Baumaßnahmen und in einer Risikomatrix Hauptrisiken und ihre Auswirkungen sowie die Eintrittswahrscheinlichkeit, den Schweregrad und die Lösungsstrategien beschreibt.

Die Universität hat mit der Übernahme der Bauherrenfunktion für die Medizinbauten die richtige Entscheidung getroffen. Mit Sorge sieht zwar das Baudezernat den Engpass auf dem Fachkräftemarkt und die allgemeinen Baukostensteigerungen. Diese Probleme hätte aber auch der BLB. Dass nur knapp drei Jahre nach Übertragung der Bauherreneigenschaft auf die Universität der erste Medizinstudiengang in funktionsfähige Gebäude einziehen konnte, seitdem weitere Gebäude fertiggestellt wurden oder in den nächsten zwei bis drei Jahren fertiggestellt werden, wäre in der Struktur mit dem BLB und den langwierigen Abstimmungsprozessen wohl nicht zu erreichen gewesen.