Hochschulleitungswahl:
Die zielorientierte und kooperative Gestaltung des Auswahlverfahrens

Hans-Gerd Husung (Foto: privat)

 
Dr. Hans-Gerd Husung
, Vorsitzender des Hochschulrates der Universität Leipzig, meint: Das gesamte Wahlverfahren ist eine schrittweise Vermittlung von Bedarf und verfügbaren Persönlichkeiten in mehreren Akten.
 
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Bei der Vorbereitung der Ausschreibung
sollten Hochschulrat und Hochschulsenat im Dialog die Signale erarbeiten, die mit der Selbstdarstellung und wenigen, überprüfbaren Auswahlkriterien ausgesendet werden, damit das passende Bewerbungspotenzial ausgeschöpft werden kann. Im Gegenstromverfahren mit dem Senat wird der Hochschulrat vor allem strategische Kompetenzen, Führungskompetenz und Durchsetzungsfähigkeit in den Vordergrund stellen, während der Senat vermutlich eher aus der Hochschulkultur heraus argumentiert. Transparenz in dieser Phase fördert Vertrauen und reduziert Konfliktpotenzial. Jetzt ist auch die Frage zu klären, ob das Verfahren durch eine externe Personalberatung unterstützt werden soll.

Insgesamt steht für solche Führungsaufgaben nur ein relativ kleiner Pool von grundsätzlich qualifizierten Persönlichkeiten zur Verfügung. Für ein rechtssicheres Verfahren der Bewertung der Bewerbungen und der Auswahl der Kandidatinnen und Kandidaten müssen die gesetzlichen Vorgaben und die in der Ausschreibung formulierten Kriterien unbedingt zur Anwendung kommen. Für diese Phase ist Vertraulichkeit das oberste Gebot. Bevor das Auswahlgremium die Bewerbungen sichtet, kann ein Gedankenaustausch mit dem Hochschulsenat über mögliche Interpretationen und Gewichtungen der Auswahlkriterien vertrauensbildend wirken. Hierbei können auch Erwartungen geklärt werden wie etwa die Fragen, ob eine Dreierliste – gerankt oder nicht gerankt – gewünscht wird und wie dabei Mindeststandards der Gendergerechtigkeit eingehalten werden sollen. Zugleich ist ein solches Gespräch eine Gelegenheit, um Verständnis für die unbedingte Einhaltung der Vertraulichkeit zu erzeugen, um den Erwartungsdruck gegenüber den hochschulinternen Mitgliedern von Auswahlgremien, hochschulintern Kolleginnen und Kollegen über den Stand der Dinge auf dem Laufenden zu halten, zu reduzieren.

Eine weitere Runde der Vermittlung zwischen Bedarf und verfügbaren Persönlichkeiten bildet die Auswahl der Kandidatinnen und Kandidaten für die Wahlliste. Für die Anhörung und Befragung sollten mindestens anderthalb Stunden pro Gespräch zur Verfügung stehen. Ein Frageraster für ein strukturiertes Interview gewährleistet prinzipielle Gleichbehandlung und Vergleichbarkeit. Es bleibt selbstverständlich genügend Raum für individuelle Erkundungen und Gewichtungen. Der Aushandlungsprozess im paritätisch besetzten Findungsgremium kann dadurch erleichtert werden, dass zunächst darüber Konsens erzielt wird, wer keinesfalls für die Hochschulleitung infrage kommt. Auch die Einsicht, dass selbst bei einer Reihung im Wahlvorschlag die Wahl noch nicht entschieden ist, kann die Diskussion entspannen, zumal die Begründung zusätzliche verbale Spielräume eröffnet.

Bis zu diesem Punkt kann den Bewerberinnen und Bewerbern strikte Vertraulichkeit zugesichert werden. Mit der Weiterleitung der Wahlvorschläge an das Wahlgremium wird Öffentlichkeit hergestellt. In dieser kritischen Phase ist intensive Kommunikation zwischen dem Hochschulratsvorsitz und den vor ausgewählten Kandidatinnen und Kandidaten erforderlich, damit niemand abspringt.

Die endgültige und abschließende Vermittlung zwischen Bedarf und Person erfolgt im Rahmen des Wahlvorgangs. Im Interesse der Bewerberinnen und Bewerber sollte diese Phase möglichst kurz sein. Da akademischen Mitglieder des Wahlgremiums einen längeren Zeitraum zwischen Erhalt der Unterlagen, Anhörung der Kandidatinnen und Kandidaten sowie dem abschließenden Wahlvorgang bevorzugen, empfiehlt sich deshalb, diese Fragen sehr frühzeitig und für alle transparent zu klären.