Das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst kündigte bereits 2020 eine grundlegende Novelle des Hochschulgesetzes an. Im Mai 2021 wurde ein erster Entwurf dem Kabinett vorgelegt. 2020 sprach das bayerische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst von einem "deutschlandweit einmaligen Systemwandel". Das Gesetz werde dem Grundsatz folgen "Regle nur, was unerlässlich ist", Ziel sei "maximale Verschlankung und Deregulierung". Der vorliegende Entwurf sieht tatsächlich in Art. 30 eine zunächst radikal klingende Übertragung der Regelungsbefugnis für die Ausgestaltung der Binnenorganisation an die Hochschulen vor – wie weitreichend diese Öffnung tatsächlich ist, bleibt noch ein wenig unklar, da die Begründung gleichzeitig festhält, dass der Satz "unter Beachtung der nachfolgenden Bestimmungen" so zu interpretieren sein, dass die Hochschulen "die gesetzlichen Vorgaben" lediglich "ergänzen"; vgl. Begründung S. 18). Daneben beschreibt der Entwurf in großen Teilen lediglich Anpassungen, die andere Länder, vor allem Nordrhein-Westfalen, bereits Jahre zuvor umgesetzt haben (zum Beispiel Delegation des Berufungsrechts, Möglichkeit der Übertragung der Bauherrneigenschaft, Möglichkeit der Einführung des Globalhaushalts, Option des Promotionsrechts für Hochschulen für angewandte Wissenschaften, Optionenvielfalt bei der Rechtsform).
Bezogen auf die Arbeit der Hochschulräte ändern sich dem Entwurf zufolge jedoch tatsächlich einige entscheidende rechtliche Rahmenbedingungen. Bemerkenswert erscheint der Satz in der Begründung, dass "in Zeiten immer dynamischerer technologischer, gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Entwicklungen" diesem Organ "besondere Bedeutung für eine innovative und zukunftsorientierte Ausrichtung der Hochschule" zukomme (S. 22). Dieses starke Rollenverständnis zeigt sich in dem Entwurf der Novelle: Die dem Hochschulrat zugeordneten Zuständigkeiten sollen dem Entwurf zufolge ausgeweitet werden (Art. 35 Abs. 5 BayHIG). Künftig soll der Hochschulrat nicht nur "über die längerfristige Ausrichtung und Profilierung der Hochschule" beraten und beschließen, sondern bei Hochschulen mit Globalhaushalt auch den Körperschaftshaushalt, den Wirtschaftsplan sowie den Jahresabschluss feststellen. Nicht zuletzt soll es ihm obliegen, "für die Körperschaft die Mitglieder der Hochschulleitung" zu entlasten. Damit weist das BayHIG dem Hochschulrat "eine Art Aufsichtsratsfunktion gegenüber der Hochschulleitung zu" (Begründung, S. 23).
Da der Hochschulrat mehr für die langfristige strategische Ausrichtung der Hochschule zuständig sein soll, soll die nach geltendem Recht (Art. 26 Abs. 5 BayHSchG) dem Hochschulrat obliegende Entscheidung über die Einrichtung, Änderung und Aufhebung von Studiengängen künftig der Hochschulleitung zugewiesen werden (Art. 31 BayHIG).
Daneben bleibt die Mitwirkung des Hochschulrats bei der Leitungswahl erhalten (Art. 32 Abs. 2). Auch die Besetzung des Hochschulrats bleibt unverändert (Art. 35). Es wird jedoch bei den hochschulinternen Mitgliedern mehr Flexibilität gewährt: Bestanden diese bislang schlicht aus den Mitgliedern des Senats, sind diese künftig "gewählte Mitglieder der Hochschule aus allen Mitgliedgruppen, darunter eine Mehrheit aus der Gruppe der Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer" (Art 35 Abs 1 BayHIG) – was eine Beibehaltung der bisherigen Praxis nicht ausschließt.
Die bisherige Regelung zur Amtszeit ("... vier Jahre. Eine erneute Bestellung bis zu einer Amtszeit von insgesamt acht Jahren ist zulässig", Art. 26 Abs. 2 BAyHSchG) wird flexibilisiert ("nach Maßgabe der Grundordnung zwischen vier und sechs Jahren. Eine erneute Bestellung ist einmal zulässig"; Art. 35 Abs. 2 BayHIG).
Autor des Textes:
Ulrich Müller, Leiter Politische Analysen beim CHE Centrum für Hochschulentwicklung
Foto: David Ausserhofer