Studium und Lehre – Nutzen und Grenzen von Rankings und Kennzahlen

 
 
Dr. Sonja Berghoff
, Leiterin nationale Rankings des CHE Centrum für Hochschulentwicklung, Gütersloh
 
Foto: David Ausserhofer

Hochschulräte haben ein Interesse daran, die Lage der jeweiligen Hochschule fundiert einschätzen zu können. Nicht selten haben sie – auf übergeordneter, nicht operativer Ebene – auch Aufgaben im Bereich Qualitätssicherung, etwa bei der Reflexion von Qualitätsmanagementsystemen. Aber auf welcher Basis können Hochschulräte im Bereich Studium und Lehre überhaupt mitreden? Worauf können entsprechende Diskussionen fußen?
 

Komplexe Bewertung von Studium und Lehre
Im Bereich Studium und Lehre gibt es sehr unterschiedliche Auffassungen von Qualität. Das wird schnell klar, wenn man einige Menschen fragt, was sie unter „guter Lehre“ verstehen. Ist es die didaktisch hochwertig aufbereitete Veranstaltung oder die rhetorisch geschliffen dargebotene Vorlesung, sind es die bestens aufeinander abgestimmten Inhalte und Materialien oder ist es der Berufsbezug einer Veranstaltung oder gar eines Studiengangs? So viel steht fest: Es gibt nicht den einen Qualitätsbegriff!

Wer "gute Lehre" messen, abbilden und vergleichen will, muss also beachten: Qualität hat nicht nur eine Dimension. Drei verschiedene Dimensionen sind zu unterscheiden: Kompetenzzuwachs, Lernumwelt und Rahmenbedingungen. In diesen Dimensionen gilt es, möglichst aussagekräftige (und praktikable) Indikatorensysteme zu entwickeln, um ein Qualitätsprofil empirisch abbilden können.
 

Dimension "Kompetenzzuwachs"
Könnte man überprüfen, ob und in welchem Ausmaß Lehrveranstaltung zu einem Zuwachs an Kompetenzen bei den Studierenden führen, könnte man die Ergebnisse zur Überprüfung des Curriculums und der Verbesserung der Lehre nutzen. In überschaubaren Szenarien gibt es durchaus gute Erfahrungen mit der Messung des Kompetenzzuwachses. In einem größeren Rahmen oder gar für landesweite oder internationale Vergleiche funktioniert dieses Verfahren jedoch leider nicht, zu komplex scheint diese Aufgabe, zu vielfältig sind die Zielsetzungen. Das vielbeachtete AHELO – Projekt (OECD 2009), welches versuchte, durch Messung des Kompetenzniveaus von Bachelorstudierenden in ihrem letzten Studienjahr eine Art "Hochschul-Pisa" zu etablieren, kam nicht über eine Pilotstudie hinaus.
 

Dimension "Lernumwelt"
Lernumwelten im Bereich Hochschule lassen sich durch verschiedene Dimensionen beschreiben und detailliert messen. Das Nationalen Bildungspanel etwa bildet Indikatoren zu den Bereichen Struktur, Unterstützung, Herausforderung und Ausrichtung ab.

Zum Bereich Struktur zählen Elemente wie die Studienorganisation oder das Prüfungssystem, der Bereich Unterstützung umfasst Angebote von der Unterstützung beim Studieneinstieg über die Betreuung durch Lehrende während des Studiums bis hin zur begleitenden technischen und organisatorischen Unterstützung. Wissensvermittlung und Konstruktion sowie die Arbeitsbelastung bilden den Bereich Herausforderung, die inhaltliche Ausrichtung kann eher wissenschafts-, berufspraktisch oder interdisziplinär orientiert sein. Zu vielen dieser Kategorien gibt es auch von anderen Akteuren erprobte Erhebungsinstrumente, etwa im Rahmen der Befragungen zum CHE Ranking oder zum Studienqualitätsmonitor.
 

Dimension "Rahmenbedingungen"
Rahmenbedingungen sind unerlässlich zur Einordnung der Bewertungen, ebenso können sie genutzt werden, um geeignete Benchmarking-Partner zu finden. Hierzu zählen Strukturmerkmale wie Fächerzusammensetzung, Hochschultyp und -träger oder Geschlechterverhältnis, Studierendenzahlen, Abschluss- und Abbruchquoten, Studiendauern oder die Zahl der Austauschstudierenden.
 

Datenquellen
Um die Qualität von Lehre abbilden zu können, sollte man idealerweise alle drei Dimensionen mit einem entsprechenden multidimensionalen Indikatorensystem erfassen. Vielfältige Datenquellen sind insbesondere für die Rahmenbedingungen verfügbar, das Statistische Bundesamt liefert neben seinen Veröffentlichungsreihen und der Datenbank Genesis auch individuelle Auswertungen. Studienangebote und Rahmendaten der Hochschulen finden sich im Hochschulkompass der HRK. Weitere Quellen sind die Publikationen des Wissenschaftsrates oder etwa der nationale Bildungsbericht. Der Studienqualitätsmonitor erhebt seit 2007 jährlich in einer Studierendenbefragung Daten zu den Dimensionen der hochschulischen Lernumwelt. Spezifische Auswertungen werden den Hochschulen zur Verfügung gestellt und können von den Hochschulen auch den Hochschulräten ausgehändigt werden.
 

CHE Hochschulranking 
Das CHE Hochschulranking stellt eine bewährte Möglichkeit dar, verschiedene Datenquellen zusammenzuführen. Auch wenn in erster Linie Studieninteressierte Zielgruppe des CHE Hochschulrankings sind, lässt sich aus den Daten hilfreiches Wissen zu einigen Aspekten von Studium und Lehre an einer Hochschule ziehen. Das Ranking enthält mehr als 200 Indikatoren, davon etwa ein Viertel gerankt und drei Viertel deskriptiv. Aus unterschiedlichen Perspektiven versucht es, verschiedene Aspekte der Lernumwelt abzubilden. In der Gesamtschau der Informationen entsteht so ein Profil der jeweiligen Hochschule bzw. ihrer Studienangebote. Vergleiche auf Fachebene werden im Rahmen von Ranggruppen dargestellt, die durch farbliche Markierung schnell erkennen lassen, ob der Wert eines Indikators sehr gut oder eher mittelmäßig einzuordnen ist.

Wesentliche Datenquellen sind eigene Erhebungen durch das CHE bei den Fachbereichen, eine große Studierendenbefragung sowie Daten aus externen Quellen wie dem Statistischen Bundesamt oder zentrale Prüfungsstatistiken.

Für Hochschulen bietet das CHE Übersichten aller Werte und Gruppenzuordnungen für die Fachbereiche der eigenen Hochschule für einen Gesamtüberblick sowie zusätzlich Detailinformationen zur Studierendenbefragung und anderen Indikatoren, die detaillierte Analysen ermöglichen. Hochschulräte können die Hochschulleitungen bitten, ihnen diese Auswertungen zur Verfügung zu stellen – oder auf der Website zum CHE-Ranking selbst entscheiden, welche Indikatoren ausgewertet werden sollen. Gerade im Vergleich über mehrere Jahre und im Vergleich mit konkurrierenden Hochschulen ergeben sich unter Umständen lohnende Gesprächsanlässe.