Innovatives Lernen in neuen Räumen: Das interdisziplinäre Raumlabor von TU Berlin und UdK Berlin

 
Prof. Albert Lang
, Leiter universitätsübergreifender, interdisziplinärer, forschungsorientierter Modellstudiengang Design & Computation (UdK und TU Berlin), stellt das Raumlabor vor, das zur Erforschung und Gestaltung innovativer, zukunftsorientierter, inter- und transdisziplinärer Lern- und Lehrräume dient. Dadurch wird eine für die beteiligten Universitäten neuartige, enge Verbindung von Modell und Realität, Theorie und Umsetzung geschaffen.

Foto: M.A. Design and Computation

 

Im März 2023 konnten wir das Forum Hochschulräte mit dem Thema “Neue Lernarchitekturen – Hochschulbau als strategische Campusentwicklung” in unserem Studio begrüßen, welches durch die Förderinitiative "Raumlabore – Experimentierräume für zukunftsorientierte Lernarchitekturen" des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft und der Dieter-Schwarz-Stiftung einen wichtigen Impuls erfahren hat.

Die Veranstaltung verdeutlichte den großen Wert der durch die Förderung entstehenden gemeinsamen Netzwerke, um Erfahrungen und Herausforderungen austauschen zu können und Lösungsvorschläge zu erarbeiten. So konnten vor Ort gemeinsame Themen wie Lernarchitekturen, Experimentierräume, Bauen im Bestand, neue Modelle für Lehre und Forschung oder universitätsübergreifende Programme entlang unserer aktuellen Arbeit gewinnbringend diskutiert werden.

Mit der Förderinitiative ist zwischen der Technischen Universität Berlin und der Universität der Künste Berlin ein Raumlabor zur dynamischen, prozesshaften und kontinuierlichen Erforschung und Gestaltung innovativer, zukunftsorientierter, inter- und transdisziplinärer Lern- und Lehrräume entstanden.

Durch modulare Anpassbarkeit können nach Bedarf räumliche Konfigurationen hergestellt werden, die den Erfordernissen der jeweiligen Lern- und Forschungssituation entsprechen. Die Benutzerinnen und Benutzer begegnen durch diese Interaktivität einem flexiblen und gestaltbaren Raum. Kreatives und kritisches Denken, die Fähigkeiten zur Kommunikation und Zusammenarbeit können nicht einfach gelehrt werden, sondern müssen in einem aktiven Prozess des interaktiven Lernens erfahren werden. Das Raumlabor ermöglicht und fördert nicht nur diese Prozesse des wissenschaftlich-künstlerischen Arbeitens, sondern wird im Lauf der Förderphase selbst als räumlicher Rahmen durch empirische Evaluations- und Feedback-Verfahren kontinuierlich weiterentwickelt.

Dadurch wird eine für die beteiligten Universitäten neuartige, enge Verbindung von Modell und Realität, Theorie und Umsetzung geschaffen.

Unter der partizipativen Beteiligung von Studierenden und Lehrenden aus einer Vielzahl von Fakultäten der beiden kooperierenden Universitäten wird mit dem Raumlabor auch umfangreiches Dokumentations- und Informationsmaterial entstehen, das bei der Umsetzung von weiteren räumlichen Umgestaltungen unterstützen soll und darüber hinaus starke Impulse für projektbasierte und studierendenzentriertes Lernen und Forschen entfaltet.

Bild: M.A. Design and Computation
Die Heat-Map zeigt den simulierten Grad der Aktivität im Raumlabor. Anstelle von klar separierten Raumeinheiten überwiegen fluide Übergänge und Konfigurationen, die von den Nutzerinnen und Nuterzn interaktiv selbst hergestellt werden.

 
Akademische Bildung
sieht sich heute durch den rasanten technologischen und gesellschaftlichen Wandel mit völlig neuen Prämissen konfrontiert. Hochkomplexen, miteinander verwobenen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts kann in vieler Hinsicht nur in multidimensionalen, transdisziplinären Ansätzen begegnet werden, die Neustrukturierungen unseres Verständnisses universitärer Lehre und Forschung und genauso aber auch deren räumlichen Bedingungen voraussetzen, die sich unmittelbar bedingen.

Ein gesamtgesellschaftlicher Prozess eines technischen und gesellschaftlichen Wandels und einer zunehmend dynamischen Fächerkultur ist auch Ausgangspunkt für den im Raumlabor beheimateten universitätsübergreifenden, interdisziplinären, forschungsorientierten M.A. Design & Computation, den die Universität der Künste und die Technische Universität Berlin vor zweieinhalb Jahren starten konnten. Das Programm richtet sich an Absolventinnen und Absolventen grundständiger Bachelorstudiengänge aus den Bereichen Kunst, Medizin, Ingenieurs,- Geistes-, Sozial- und Naturwissenschaften. Denn oben genannte Prozesse betreffen weitreichende Aspekte von Gesellschaften - von der Digitalisierung der Arbeitswelt, der Algorithmisierung des Alltags, der Teilhabe an Entscheidungsprozessen bis hin zur Begrenzung der Erderwärmung. Es handelt sich um komplexe Systeme, die eng mit technischen/ naturwissenschaftlichen Erkenntnissen verwoben sind, und gleichermaßen soziale, ökonomische, ökologischen und kulturelle Verhältnisse von Gesellschaften betreffen.

Die beiden Hochschulen verbinden mit dem Programm das übergeordnetes Interesse, disziplinenübergreifend Fachbereiche weiterzudenken und neue Lehr- und Forschungsformate zu entwickeln.

Die Studentinnen und Studenten, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die wir hier sehen, nutzen sehr produktiv die Möglichkeiten, die ihnen der Zugriff auf ausgedehnte Expertisen beider Hochschulen bieten. Wir sehen junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Künstlerinnen und Künstler einer Generation, die Technologien nicht nur zu verstehen und umzusetzen sucht, sondern aus einem Selbstverständnis im Umgang mit technologischen Anwendungen weiterreichende Reflexionsprozesse ansteuert.

Die Förderinitiative "Raumlabore" ist sicherlich auch das Ergebnis einer über viele Jahre sehr intensiven Auseinandersetzung des Stifterverbandes und der Dieter-Schwarz-Stiftung, wie das Positionspapier "10 Leitlinien für zukunftsorientiertes Lernen" oder die Reihe "Future Skills" verdeutlichen. Vielleicht gerade deshalb ist es dem Stifterverband und der Dieter-Schwarz-Stiftung gelungen, in einem Moment, in dem es ausgehend von Covid-Pandemie oder Energiekrise eine besondere Sensibilität für die Fragestellung zu neuen Raumnutzungen gab, das Thema mit der Förderinitiative produktiv herauszuarbeiten.

Und gleich zum Amtsantritt Anfang April 2022 setzt das neue Präsidium der TU Berlin mit dem Antrag des Vizepräsidenten für Studium und Lehre, Lehrkräftebildung und Weiterbildung in Kooperation mit dem Präsidium der UdK die Gestaltung neuer Lehr- und Lernräume als Schwerpunkt.

Foto: M.A. Design and Computation
Blick ins interdisziplinäre Raumlabor von TU Berlin und UdK Berlin
Foto: M.A. Design and Computation
Blick ins interdisziplinäre Raumlabor von TU Berlin und UdK Berlin

 
Bei dieser vordringlichen Aufgabe für die Universitäten spielt auch die Umnutzung von Bestand eine bedeutende Rolle, um auf zeitgemäße und zukünftige Herausforderungen reagieren zu können und eine nachhaltige Nutzung bereits vorhandener Ressourcen zu gewährleisten. Nachhaltigkeitsthemen kommt so eine hohe Sichtbarkeit und zentrale Bedeutung zu. Ganz exemplarisch wird hier als Startpunkt für das Umgestaltungskonzept der herausragend sichtbare Alte Lesesaal im 3. Stock des Hauptgebäudes der TU Berlin als Raumlabor ausgewiesen.

So nutzen TU Berlin und UdK Berlin - mit Unterstützung der Raumlabore-Initiative - hier explizit Ressourcen und setzen Prioritäten, um Fachexpertisen aufzubauen und Konzepte zu realisieren, aber auch um in- und außeruniversitäre Partnerschaften aufzubauen. Sie provozieren mit diesem "Bildungsraum" neue Aktivitäten, Lehr-, Lern- und Forschungsformate und „Arten der Dialogführung”.

Durch die Umnutzung eines Raumes im Bestand, wie hier – sozusagen aus dem Inneren der Universität, aus dem Selbstverständnis heraus sichtbar für alle Stakeholder – wird die Veränderungsbereitschaft als Grundbaustein von Universität vermittelt. Denn stetige Weiterentwicklung und Adaptierung sind Grundvoraussetzung für einen erfolgskritischen Aufbau von Forschung und Lehre.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Künstlerinnen und Künstler, die Studentinnen und Studenten, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben dieses aktive Untersuchen im Wechselspiel von Raum, Forschung und Didaktik aufgenommen, stellen Szenarien auf den Prüfstand und bringen zahlreiche neue Fragestellungen mit ein, sie führen den Dialog weiter von einem produktiven Ausgangspunkt, den wir ihnen zur Verfügung gestellt haben. Es entstehen neue Narrative, und das werden Sie gerne hören: Sie werden Partnerinnen in und Partner der Entwicklung innovativer Konzepte.