Planungs- und Baubegleitung des Neubaus des Klinikums der Medizinischen Hochschule Hannover durch den Hochschulrat

Josef Lange (Foto: David Ausserhofer)

 
Dr. Josef Lange
, Vorsitzender des Hochschulrats der Universität Vechta und Vorsitzender des Hochschulrats der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH): Wie bei vielen Hochschulbauten in Deutschland ist auch der bauliche Zustand der MHH teilweise besorgniserregend. Daraus hat sich die Notwendigkeit ergeben, dass Klinikum der MHH neu zu errichten.

Foto: David Ausserhofer

 

Die 1965 gegründete Medizinische Hochschule Hannover (MHH) ist die einzige eigenständige medizinische Universität in Deutschland. An ihr sind knapp 3.500 Studierende in den Studiengängen Human- und Zahnmedizin, Hebammenwissenschaft, Biochemie, Biomedizin, Biomedizinische Datenwissenschaft, Infektionsbiologie, Molekulare Medizin, Regenerative Sciences und Public Health aus mehr als 80 Ländern immatrikuliert. An ihr sind rund 10.000 Menschen beschäftigt, davon knapp zehn Prozent mit ausländischem Pass. Der Zuschuss des Landes für Forschung, Lehre und Infrastruktur beträgt gut 200 Millionen Euro, Einnahmen und Ausgaben für die Krankenversorgung belaufen sich auf rund 760 Millionen Euro; im Jahr 2022 wurden 101,4 Millionen Euro an Drittmitteln ausgegeben. Damit liegt die MHH bei Drittmitteln auf Platz 5 der medizinischen Lehr- und Forschungseinrichtungen in Deutschland, bezogen auf die Zahl der Professuren auf Platz 3.

Seit ihrer Gründung haben sich die Schwerpunkte Infektion und Immunität, biomedizinische Technik und Implantate, Transplantation und Regeneration sowie der Potenzialbereich Onkologie entwickelt. Die MHH ist (Ko-)Sprecherin von zwei Exzellenzclustern sowie an den Deutschen Zentren für Infektionsforschung und Lungenforschung sowie drei Sonderforschungsbereichen/Transregios beteiligt. Vier überregional bedeutsame Zentren prägen die MHH: Transplantationszentrum (TX MHH), Zentrum für seltene Erkrankungen (ZSE), Zentrum für individualisierte Infektionsmedizin (CIIM) und Comprehensive Cancer Center (CCC).

Die MHH verzeichnete bei 1.520 Planbetten und 1.070 patientenbelegten Betten im Jahr 2022 rund 56.000 stationäre Behandlungsfälle sowie bei 171 tagesklinischen Plätzen 33.000 teilstationäre Behandlungskontakte. 250.000 Menschen wurden ambulant behandelt. 30 Prozent der neuen Behandlungskontakte entfallen auf Notfallpatienten, davon beträgt der Maximalversorgungsanteil 50 Prozent. Bei einem Case Mix Index von 1,6 beträgt die DRG-Verweildauer 6,38 Tage. Nach dem Newsweek-Ranking "World’s Best Hospitals 2023" liegt die MHH weltweit auf Platz 32, bei den deutschen Kliniken auf Platz 5.

Wie bei vielen Hochschulbauten in Deutschland, ist auch der bauliche Zustand der MHH teilweise besorgniserregend. Daraus hat sich die Notwendigkeit ergeben, dass Klinikum der MHH neu zu errichten. Die bauliche Entwicklungsplanung des Klinikums wurde als Gesamtplanung vom Ausschuss für Haushalt und Finanzen des niedersächsischen Landtags am 31. Januar 2023 gebilligt. Diese umfasst insgesamt eine Nutzfläche von knapp 165.000 qm; in den Baustufen 1 bis 3 sollen auf knapp 145.000 qm Nutzfläche 1.340 Betten aufgestellt werden. Dabei soll eine neue medizinische Konzeption von Organbehandlungseinheiten realisiert werden: Herz & Lunge, Notfall & Trauma, Eltern & Kind, Bauch & Transplantation, Kopf & Nerven, Onkologie & Inflammation. In der ersten Baustufe von knapp 52.000 qm sollen die Bereiche Notfall & Trauma (einschließlich Zentraler Unfallaufnahme), Kopf & Nerven sowie Herz & Lunge mit 20 stationären und vier ambulanten Operationssälen sowie 562 Betten, davon 120 Intensivbetten, untergebracht werden. Das Finanzierungsvolumen liegt bei 995 Millionen Euro, davon 332 Millionen Euro Risikovorsorge. Parallel zur Neubauplanung ist ein Bestandssicherungskonzept Bau (BSKB) für Forschung und Lehre entwickelt worden.

Der Hochschulrat hat nach dem Niedersächsischen Hochschulgesetz vor allem Beratungsaufgaben für Präsidium und Senat. Er hat sich seit Beginn der Planungen immer wieder zu Neubauplanung und Bestandssicherungskonzept geäußert. Dabei hat er die Notwendigkeit der Schaffung von Flächen für patientennahe Forschung und Lehre am Krankenbett betont. Er hat gefordert, die Planungen aufgrund der Erfahrungen aus der Covid-19-Pandemie ohne Zeitverzug zu überprüfen, um sicherzustellen, dass sie auch für die Zukunft auf dem neuesten Stand sind. Er hat mehrfach betont, dass schnelles Bauen nicht nur Zeit, sondern auch Kosten einspart, und frühzeitig zu prüfen empfohlen, wie die weiteren Bauabschnitte ohne Zeitverzug und bauliche Unterbrechung folgen und finanziert werden können.

Angesichts der Diskussionen zwischen Bund und Ländern über die zukünftige Gestaltung der Krankenversorgung in der stationären und ambulanten Versorgung und deren Finanzierung hat der Hochschulrat davor gewarnt, die absehbaren Tendenzen zur Ambulantiserung in der Krankenversorgung zum Anlass zu nehmen, die Planungen für den Neubau des Klinikums jetzt umzugestalten. Die Frage nach der Gesamtbettenzahl sei im Rahmen der Planung für spätere Bauabschnitte unter Berücksichtigung der absehbaren Änderungen im Verhältnis zwischen stationärer und ambulanter Krankenversorgung zu prüfen. Die vorliegenden Planungen für den Neubau sollten zügig realisiert werden. Denn Verzögerungen führten nicht nur zu Baukostensteigerungen, sondern auch dazu, dass zusätzliche Mittel für die Betriebssicherung des Bestands aufgewandt werden müssten. Dies sei den Steuern zahlenden Bürgern nicht zu vermitteln.