Erfolgsfaktoren für die
Zusammenarbeit von Hochschulleitung und Hochschulrat

 
Ulrich Müller
, Mitglied der Geschäftsleitung beim CHE Centrum für Hochschulentwicklung in Gütersloh, hat acht Faktoren identifiziert, die ein erfolgreiches Zusammenspiel von Hochschulleitung und Hochschulrat ermöglichen.

Foto: Marcel Schwickerath

 

Herausforderungen: Die Arbeit eines Hochschulrates kommt einem kontinuierlichen Balanceakt gleich: Ein Hochschulrat muss einerseits die Hochschulleitung kritisch und unabhängig begleiten, andererseits darf er keinen unbedingten Konfrontationskurs fahren und einen Machtkampf suchen. Dominiert der Hochschulrat das Geschehen, polarisiert und spaltet er; lässt er sich marginalisieren, kann er seine Aufgaben nicht wahrnehmen. Ein Hochschulrat muss die Hochschulleitung öffentlich unterstützen, sollte aber nicht in den Ruf kommen, nur verlängerter Arm der Hochschulleitung zu sein.

Ansatz: Entscheidend ist es, ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen den beiden zentralen Leitungsorganen der Hochschule sicherstellen; die Hochschulleitung ist schließlich der Hauptbezugspunkt des Hochschulrates. Dabei darf sich der Hochschulrat nicht abhängig machen von der Hochschulleitung und sich zum Beispiel weitere Informationsquellen in der Hochschule erschließen.

Erfolgsfaktoren

mit Fokus auf den Hochschulrats-Vorsitz

  1. "Halbdistanz" zur Hochschulleitung wahren und neutrale Position einnehmen: Gute und vertrauensvolle Beziehung aufbauen, diese aber nicht mit Freundschaft oder Distanzlosigkeit verwechseln. Außensicht und Neutralität dürfen nicht verloren gehen.
     
  2. Wertschätzung, Loyalität und Vertrauen schaffen und aktiv demonstrieren: Regelmäßigen Austausch vereinbaren, etwa in Form nicht anlassbezogener Telefonate oder informeller Begegnungen. Wechselseitig füreinander zeitnah verfügbar sein und auf Kontaktaufnahme des anderen angemessen reagieren. Gemeinsame Gesprächsinhalte niemals ohne Abstimmung nach außen tragen. Gegenseitig nach Unterstützungsbedarf fragen.
     
  3. Streicheleinheiten verteilen: Gute Leistungen und Erfolge wechselseitig explizit ansprechen und öffentlich anerkennen. Kritik dagegen eher im kleinen Kreis (aber mit dem gesamten Hochschulrat abgestimmt) anbringen.
     
  4. Beiderseitige Transparenz schaffen und Bring- und Holschuld ausbalancieren:  Bringschuld der Hochschulleitung: den Vorsitz vor Entscheidungsprozessen über relevante Rahmenfaktoren und Einflussfaktoren informieren. Holschuld des Vorsitzes: in Absprache mit der Hochschulleitung weitere Begegnungsmöglichkeiten und vorhandene Informationsquellen nutzen und ggf. auch kritisch nachfragen. Tagesordnung der Hochschulratssitzungen gemeinsam ab- und inhaltlich vorbesprechen.
     
  5. Hochschulleitung und Hochschulrat jeweils als Team verschiedener Expertinnen und Experten sehen: Jeweils themenspezifische Expertinnen und Experten beider Teams miteinander verknüpfen, etwa in einem Finanzausschuss.
     
  6. Internen Dialog mit klaren Regeln führen: Weitere hochschulinterne Perspektiven und Sichtweisen einbeziehen, aber immer in Absprache mit der Hochschulleitung. In der Hochschule zu geeigneten Anlässen präsent sein und in Absprache und mit Einverständnis der Hochschulleitung Begegnungsmöglichkeiten nutzen.
     
  7. Rollen von Anfang an explizit klären: Komplementäre Rollen von Hochschulleitung und Hochschulrat thematisieren und gemeinsames Verständnis herstellen. Regelmäßig eigene Rolle, vorhandene Kompetenzmischung (etwa anhand einer "skills matrix") und eigenes Vorgehen reflektieren.
     
  8. Der Hochschulleitung den Rücken stärken: In Situationen, in denen es das Rektorat oder Präsidium schwer hat, sinnvolle strategische Entscheidungen hochschulintern durchzusetzen, vorab die Rückendeckung des Hochschulrats signalisieren oder in Abstimmung mit der Hochschulleitung in Diskussionen eingreifen. Gegebenenfalls die Bereitschaft demonstrieren, vorhandene Befugnisse auch tatsächlich auszuüben, also etwa wenig hilfreichen Entwürfen die Zustimmung zu verweigern.

 

Überarbeiteter Auszug aus: Winde, Mathias; Müller, Ulrich (2020): "Hochschulräte als Teil guter Hochschulgovernance", In: Fuhrmann, M.; Güdler, J.; Kohler, J.; Pohlenz, P.; Schmidt, U. (Hrsg.): Handbuch Qualität in Studium, Lehre und Forschung. Berlin: DUZ Verlags- und Medienhaus GmbH, Ausgabe 72, C 3.24, S. 19-23. Ergänzt um Impulse aus dem Peer-Austausch beim Forum Hochschulräte vom 19. September 2023.