Prof. Dr. Nikolaus Risch, Vorstand der Heinz Nixdorf Stiftung und Mitglied des Hochschulrats sowie der Findungskommission der Universität Siegen, skizziert Ablauf und Herausforderungen einer Rektoratswahl, die die meisten Hochschulratsmitglieder während ihrer Amtszeit einmal erleben. Tatsächlich verlaufen viele solcher Wahlen problemlos und sogar geräuscharm, aber das trifft keineswegs auf alle zu.
Foto: Marcel Schwickerath
Vorbemerkung: Bei den gesetzlichen Rahmenbedingungen beziehe ich mich auf NRW. Regeln und Prinzipien sind in anderen Bundesländern aber häufig analog.
Die Wahl von Rektorin, Rektor, Präsidentin oder Präsident zählt zu den wesentlichen Weichenstellungen für die Entwicklung einer Hochschule. Damit eng verbunden ist die Verantwortung für eine ganze Region. Statistisch erlebt jedes Hochschulratsmitglied eine entsprechende Wahl einmal pro eigener Amtszeit. Tatsächlich verlaufen viele Rektoratswahlen problemlos und sogar geräuscharm, aber keineswegs alle. Im Vorfeld lässt sich nicht immer abschätzen, wie schwierig die kommende Wahl werden wird.
Der Ausschreibungstext muss das spezifische Anforderungsprofil der jeweiligen Hochschule sehr prägnant wiedergeben. Die zentrale Frage im Vorfeld des Wahlprozesses lautet: Wie lassen sich Kandidatinnen und Kandidaten identifizieren, die gut zum Profil, zur Kultur und zur aktuellen Situation der jeweiligen Hochschule passen? Die besondere Herausforderung besteht darin, eine Balance zu finden aus
Wann ist die Hochschule gut vorbereitet?
Eine professionelle und früh etablierte Kultur der Organisationsentwicklung (OE) bietet Hochschulen beste Chancen, zielführende Lösungen wahrscheinlicher zu machen. Die Organisation hat in dem Fall zuvor sensibilisiert, strategische Ziele gemeinsam in der wissenschaftlichen und nichtwissenschaftlichen Mitarbeiterschaft diskutiert und in einem Strategieprozess transparent verankert. Diese Art der OE ist leider an vielen Hochschulen zu wenig entwickelt und zudem wird die Bedeutung der Wahl der Hochschulleitung in der Breite der Hochschule oft unterschätzt.
Sollte die Hochschule eine Wiederwahl anstreben, dann ist in einigen Bundesländern ein deutlich vereinfachter Wahlablauf möglich. Allerdings müssen Senat und Hochschulrat einem solchen Antrag mit entsprechenden Mehrheiten zustimmen. Dem Ergebnis einer solchen Entscheidung kann eine enorme psychologische Bedeutung zukommen.
Hochschulrat und Senat wählen in NRW je drei Personen in die Findungskommission (FiKo).
Die Findungskommission sichtet die eingegangenen Bewerbungen und entscheidet auf Basis der Ausschreibung und anhand einer vor der Sichtung einvernehmlich abgestimmten Kriterienliste, wer und wie viele Personen zu einer Vorstellung in die Kommission eingeladen werden. Nach der Vorstellungsrunde erstellt die FiKo eine Reihung und entscheidet, ob zur Einladung in die Hochschulwahlversammlung eine Einer-, eine Zweier- oder eine Dreierliste vorgeschlagen wird.
Weitere Anmerkungen: Die Findung soll laut Hochschulgesetz NRW analog zu Berufungsverfahren ablaufen, das ist aber nur bedingt möglich. Stellvertretend nur ein Beispiel: So können wegen der Einhaltung von Vertraulichkeit nicht die akademisch üblichen externen Gutachten eingeholt werden. Die FiKo unterstützt den Wahlprozess und ist im Gesamtprozess wichtig, sie entscheidet aber nicht final.
Das Thema "Externe Kandidaten" versus "Interne Kandidaten" beherrscht manchmal die Diskussion und wird im Senat und im Hochschulrat häufig unterschiedlich gewichtet. Die Frage, ob die Findungskommission eine Einer-, eine Zweier- oder eine Dreierliste vorschlagen soll, wird ebenfalls häufig kontrovers diskutiert. Da das jeweilige Ergebnis im komplexen Wahlverfahren unterschiedliche taktische Varianten ermöglicht, gilt es, sehr sensibel zu agieren.
Die Hochschulwahlversammlung setzt sich aus allen Mitgliedern des Senats und des Hochschulrats zusammen. Stimmrecht haben aber nur die stimmberechtigten Mitglieder des Senats und die externen Mitglieder des Hochschulrates. Die gewichtete Stimmenanzahl der beiden Hälften (Senat und Hochschulrat) steht im gleichen Verhältnis zueinander.
Im Rahmen der Hochschulwahlversammlung tragen sämtliche von der FiKo vorgeschlagene Listen-Kandidatinnen und -Kandidaten nacheinander in einem öffentlichen Teil vor und stellen sich der Diskussion. Eine Aussprache innerhalb des Gremiums erfolgt in einem nichtöffentlichen Teil, während die anschließende Wahl zwar geheim, aber wiederum öffentlich stattfindet.
Es wird in der Reihenfolge der Listenplatzierungen abgestimmt, wobei jeweils bis zu drei Wahlgänge möglich sind. Es muss jeweils die Mehrheit der Stimmen innerhalb der beiden Hälften (Senat, Hochschulrat) erreicht werden. Somit kommt dem Verhältnis Senat – Hochschulrat eine hohe Bedeutung zu. Dies sollte im Vorfeld langfristig vertrauensbasiert entwickelt werden - ein in der Realität zwar häufiges, aber nicht immer leichtes Unterfangen.
Mit der erfolgreichen Wahl durch die Hochschulwahlversammlung ist der Gesamtprozess nicht abgeschlossen.
Die Ernennung erfolgt durch das Ministerium erst nach interner Prüfung und nach erfolgreichem Abschluss der Gehaltsverhandlungen (in der Regel mit Hochschulratsvorsitz), in denen auch Pensionsansprüche geklärt werden (ein separat zu behandelndes Thema, besonders pikant bei Ernennung von externen Kandidatinnen und Kandidaten aus anderen Bundesländern oder auch aus dem Ausland) und nach Regelung von Rückfallpositionen.
Die Wahl der Prorektorinnen und Prorektoren erfolgt auf Vorschlag der ernannten Rektorin bzw. des ernannten Rektors. Die Hochschulwahlversammlung muss zustimmen, was in der Regel auch geschieht (aber trotzdem ein Stolperstein werden kann).