Miteinander, nicht gegeneinander

Petra Wend (Foto: Marcel Schwickerath)

 
Prof. Dr. Dr. h.c. Petra Wend
, Vorsitzende des Hochschulrats der Universität Hamburg und ehemalige Rektorin der Queen Margaret University in Edinburgh (Schottland), über die Arbeit eines Hochschulrats, die einem kontinuierlichen Balanceakt gleich kommt

Foto: Marcel Schwickerath

 

Die Arbeit eines Hochschulrats kommt einem kontinuierlichen Balanceakt gleich. Einerseits muss der Hochschulrat das Präsidium kritisch begleiten, andererseits darf er aber auch nicht einen Konfrontationskurs fahren. Das trifft auch auf die Beziehung zwischen dem Hochschulratsvorsitz und der Hochschulleitung zu.

Dieser Balanceakt wird erleichtert, wenn ein gemeinsames Rollenverständnis existiert. Gute Zusammenarbeit basiert auf Vertrauen und gemeinsam niedergelegten Rahmenbedingungen. 

An der Universität Hamburg (UHH) wurde seit 2020 eine Professionalisierung des Hochschulrats angestrebt. Das Landeshochschulgesetz gibt zwar einen Rahmen vor, lässt aber viel Spielraum in der faktischen Ausfüllung.

Zu den neuen vereinbarten Maßnahmen gehörten die Verfassung einer Einführungsbroschüre für Hochschulratsmitglieder und die Einführung einer E-Mail-Adresse für den Hochschulrat. Ein neuer Referent wurde für den Hochschulrat bereitgestellt. Die Tagesordnung für jede Sitzung wird jetzt klarer angeordnet, und Aktionspunkte werden aufgesetzt. Des Weiteren wurden neue Kommunikationskanäle gestaltet.
Von besonderer inhaltlicher Bedeutsamkeit war die Einführung eines jährlichen Thementages für Präsidium und Hochschulrat. Der erste Thementag beschäftigte sich mit Governance. Gemeinsam wurde das Rollenverständnis des Hochschulrats definiert. Der Hochschulrat sieht sich als kritischer Freund – ein Balanceakt, der ernst zu nehmen ist und der immer wieder reflektiert werden sollte. Der Hochschulrat sieht sich auch als Multiplikator und Brücke in die Gesellschaft. Er ist Ansprechpartner und strategischer Berater. Er sieht sich als Aufsichtsinstanz, aber nur im Rahmen der gesetzlich definierten Verantwortung. Alle Mitglieder des Hochschulrats sind Experten in ihrem Feld und sehen sich außerdem als Hüter der Hochschulautonomie.

Der Hochschulrat ist allerdings kein Aufsichtsrat und auch keine persönliche Stütze des Präsidenten. Er sieht sich auch nicht als Klagemauer oder Nebenregierung. Er ist weder ein Abnickgremium noch ein Bremsklotz. Hochschulratsmitglieder sind keine Vertreter von Eigen- und Partikularinteressen.

Gemeinsam einigte man sich auch auf die Prinzipien der Offenheit, der Klarheit, des Vertrauens und der Vertraulichkeit. Die Zusammenarbeit ist durch wechselseitige Transparenz geprägt. Ein zweiter Thementag, ein Jahr später, widmete sich der universitären Kernstrategie Twin Transformation, Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Als Neuerung wurde der Akademische Senat zur ersten Hälfte des Tages eingeladen. Zusammen und auf Augenhöhe wurde konstruktiv diskutiert.

Das Verhältnis zwischen den beiden zentralen Leitungsorganen prägt auch die Zusammenarbeit zwischen dem Präsidenten und der Hochschulratsvorsitzenden. Vor jeder Hochschulratssitzung findet ein Vorgespräch statt. Dieses Gespräch ist früh genug, um noch gemeinsam die Tagesordnung zu vereinbaren und potenzielle Knackpunkte zu diskutieren. Ein weiteres Gespräch findet jeweils zwischen den Sitzungen statt. Dort geht es darum, sowohl Routinethemen als auch kritische neue Themen präemptiv zu diskutieren. Die Atmosphäre dieser Gespräche ist vertrauensvoll, aber professionell. Wichtig ist natürlich, dass gemeinsam erstellte Vorschläge sowohl dem Präsidium als auch dem Hochschulrat zurückgekoppelt werden.

Diese Zusammenarbeit ist aber auch persönlichkeitsabhängig und wird sich in ihrer spezifischen Realisierung immer anders prägen. Deshalb wäre es hilfreich, wenn eine Weiterbildungsveranstaltung für "Paare" angeboten würde, in der sich Hochschulratsvorsitz und Hochschulleitung nicht nur näher kennenlernen, sondern sich auch gemeinsam auf ihre Modalitäten der Zusammenarbeit einigen. Ein Bonus ist das Lernen von anderen Universitäten.

Obwohl diese Paradigmen eine enorm unterstützende Rolle spielen, bleibt der Balanceakt in der Zusammenarbeit zwischen Hochschulrat und Präsidium und zwischen Vorsitz und Hochschulleitung. Die Rolle des kritischen Freundes in ihrer Balance ist schwierig, aber notwendig und sollte regelmäßig reflektiert werden.