Dr. Oliver Fromm, Kanzler der Universität Kassel, zeigt am Beispiel des Projekts "Vereinfachen & Weglassen", wie Verwaltungsmodernisierung nicht nur Prozesse verschlankt, sondern auch eine neue Haltung der Zusammenarbeit und Veränderungsbereitschaft etabliert.
Foto: Peter Himsel
Im Wintersemester 2022/2023 hat die Universität Kassel ein zukunftsweisendes Projekt gestartet: "Vereinfachen & Weglassen". Ziel des Projekts war es, Verwaltungs- und Arbeitsprozesse an der Schnittstelle zwischen Fachbereichen und Verwaltung zu analysieren, zu vereinfachen und überflüssige oder redundante Abläufe gezielt zu reduzieren. Dabei ging es nicht nur um technische Prozessoptimierung – sondern um eine umfassende Kultur der Veränderung.
Initiiert wurde das Projekt von Kanzler Dr. Oliver Fromm, gesteuert durch ein Projektteam der Personal- und Organisationsentwicklung in enger Zusammenarbeit mit externen Prozessbegleitern und -Begleiterinnen. Der partizipative Ansatz des Projekts ermöglichte es, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus allen Statusgruppen und Bereichen aktiv einzubinden.
Nach einer fundierten Planungsphase konnten im Frühjahr 2023 Vorschläge eingereicht werden – insgesamt mehr als 340. Sie wurden in einem mehrstufigen Verfahren systematisiert, priorisiert und im Rahmen einer intensiven Sprint-Woche gemeinsam bearbeitet. Etwa 100 Mitarbeitende arbeiteten bereichsübergreifend an praxisnahen Lösungen, die teils unmittelbar umgesetzt wurden – und teils den Startpunkt für strategisch weiterführende Projekte markieren.
Die eingereichten Vorschläge deckten ein breites Spektrum ab. Acht zentrale Themenfelder kristallisierten sich heraus:
Der Slogan "Vom Sprint zum Spirit" bringt auf den Punkt, worum es dem Projekt im Kern geht: Es reicht nicht aus, Prozesse kurzfristig zu verschlanken – vielmehr soll eine nachhaltige Haltung zur kontinuierlichen Verbesserung etabliert werden.
Die Sprintphase bewirkte bereits greifbare Ergebnisse: So konnte beispielsweise durch gezielte Maßnahmen in der Buchhaltung eine geschätzte Effizienzsteigerung erreicht werden, die sonst rund 1,5 Jahre herkömmlicher Bearbeitung benötigt hätte. Die Zufriedenheit der Teilnehmenden lag auf einer Skala von 1 bis 10 bei 8 bis 9 Punkten – ein deutliches Zeichen für die hohe Akzeptanz und das Engagement der Beteiligten.
Kanzler Dr. Oliver Fromm betonte im Interview mit der Hessischen Allgemeinen Zeitung (14. Januar 2025), dass "eine gute Verwaltung nicht möglichst groß oder komplex sein muss – sondern nachvollziehbar, verständlich und dienend." Intransparente Regeln und unnötige Formalismen untergraben das Vertrauen in Verwaltung und erzeugen Widerstand, so Fromm weiter. Deshalb sei es Aufgabe der Hochschulen, moderne, digitale und serviceorientierte Verwaltungsstrukturen aktiv zu gestalten.
Gleichzeitig wurde im Projektverlauf deutlich: Verwaltungsvereinfachung hat auch systemische Grenzen. Viele Aufgaben lassen sich nicht einfach „wegoptimieren“, weil sie rechtlich notwendig oder personell ressourcenintensiv sind. Hier bietet die Digitalisierung – insbesondere durch Künstliche Intelligenz (KI) – neue Potenziale.
Die Universität Kassel hat daher im Anschluss an das Projekt "Vereinfachen & Weglassen" sogenannte KI-Pilotgruppen eingerichtet. Diese explorativen Einheiten entwickeln und testen konkrete Anwendungen im Verwaltungskontext, zum Beispiel zur automatisierten Dokumentenverarbeitung oder Entscheidungsunterstützung. Wichtig dabei: Der Einsatz neuer Technologien erfolgt stets bedarfsgerecht, partizipativ und datenschutzkonform.
"Vereinfachen & Weglassen" war kein Einzelereignis – sondern der Auftakt zu einem langfristigen Veränderungsprozess. Die Projektstruktur hat gezeigt: Veränderung gelingt, wenn sie breit getragen, transparent kommuniziert und strategisch begleitet wird.
Ein zentraler Erfolgsfaktor war die enge Zusammenarbeit zwischen Verwaltung und Fachbereichen. Ebenso entscheidend: die klare Rückendeckung der Hochschulleitung und das Commitment der Führungskräfte, diese Kultur der Zusammenarbeit weiter zu stärken.
Verwaltungsvereinfachung bleibt eine gemeinsame Aufgabe: Damit "Vom Sprint zum Spirit" mehr ist als ein Slogan, sondern gelebte Praxis bleibt, sind alle Beschäftigten der Universität Kassel weiterhin eingeladen, sich mit Ideen und Anregungen einzubringen. Über die zentrale Funktionsadresse können Vorschläge jederzeit eingereicht werden – partizipativ, unbürokratisch und offen für alle. So lebt der Gedanke der kontinuierlichen Verbesserung auch über das Projekt hinaus weiter – als Teil einer modernen und lernenden Verwaltungskultur.