
Dr. Matthias Kreysing, Vizepräsident für Verwaltung und Finanzen der Universität Hildesheim, zeigt am Beispiel der Strategien zur Rücklagen- und Risikoplanung, wie die Universität Hildesheim als Stiftungsuniversität ihre Autonomie nutzt, um eine vorausschauende Finanzsteuerung, eine Chancen- und Risikokultur sowie nachhaltige Liquiditätsplanung miteinander zu verbinden.
Foto: Peter Himsel
Das Thema "Planen und Absichern" ist für die Universität Hildesheim eng mit dem Datum der Stiftungswerdung im Jahr 2003 verknüpft. Mit dem vom damaligen Wissenschaftsminister Thomas Oppermann initiierten Hochschulgesetz konnten die niedersächsischen Hochschulen in die Trägerschaft öffentlich-rechtlicher Stiftungen überführt werden und so weitreichende Autonomierechte erhalten. Dazu zählen die Dienstherren- und Bauherreneigenschaft sowie die Finanzautonomie. Dieses Gesetz und die damit verbundene Chance der Hochschulen, sich aus der direkten Verantwortung des Staates in die Trägerschaft einer öffentlich-rechtlichen Stiftung zu begeben, bilden die Grundlage für ein eigenverantwortliches System des Planens und Absicherns. Daraus leiten sich die folgenden Strategien der Universität Hildesheim ab:
Für eine strategische Rücklagenplanung ist ein Risikomanagementsystem eine erforderliche Voraussetzung. Als eigenverantwortlich und autonom agierende Hochschule hat sich die Universität Hildesheim fortlaufend aktualisierte Entwicklungsziele gesetzt. Zukunftskonzept 2030 lautet die aktuelle Fassung. Ausgehend von den Hochschulzielen hat die Universität bereits 2015 ein Risikohandbuch zur Einführung eines Risikomanagementsystems verabschiedet, in dem es heißt: "Bei der Umsetzung der Ziele der Universität ist das Bewusstsein für vorhandene Risiken sowie ein vorausschauendes Handeln zur Vermeidung von Risiken ein wesentlicher Bestandteil und Voraussetzung für eigenverantwortliches sowie autonomes Handeln." Über Risikobeauftragte in den zentralen Einheiten der Verwaltung werden in einem geregelten Prozess die an den Zielen abgeleiteten Risiken der gesamten Universität erfasst und nach Schadenshöhe sowie Eintrittswahrscheinlichkeit bewertet. Mit Hilfe definierter Schwellenwerte können die Risiken über eine Ampel-Klassifizierung schnell erfasst und gesteuert werden. Im Rahmen des Jahresabschlusses wird im Lagebericht über die wesentlichen (rot) und zu beobachtenden (gelb) Risiken berichtet. Das Risikodiagramm wird dem Stiftungsrat mindestens einmal jährlich präsentiert.
Die Einführung des Risikomanagementsystems hat in der Organisation das Bewusstsein über die Ziele sowie die eigenverantwortlichen Erreichungsbedingungen geschärft. Es ist so eine Chancen- und Risiko-Kultur entstanden.
Ausgehend vom Risikomanagementsystem ergibt sich die Rücklagenplanung nahezu automatisch. Neben den eher qualitativ bewerteten Risiken, die häufig unter der Kategorie Reputation subsummiert werden können, sind es die monetär kalkulierten Risiken, wie zum Beispiel bauliche Mehrkosten, die eine Rücklagenvorsorge erfordern. Über die Rücklagenvorsorge zur Risikoabsicherung hinaus besteht ein zusätzlicher Bedarf zur Rücklagenbildung aus Berufungszusagen und weiterer zukünftiger Ablöseverpflichtungen, die sich beispielsweise aus befristet zugesagten Sondermitteln ergeben. Daneben existiert eine allgemeine strategische Rücklage, die das Präsidium im Sinne der Chancen-Kultur zur Anschubfinanzierung von Projekten verwenden kann. Die Rücklagenplanung erfolgt im Finanzdezernat transparent nach Verwendungszweck und Zugangsjahr sowie Jahr der Entnahme. Auf diese differenzierte Weise berichtet die Universität im Lagebericht des Jahresabschlusses, so dass das Ministerium, der Landesrechnungshof oder interessierte Landespolitiker und Landespolitikerinnen die Verwendung der Rücklagen nachvollziehen können.
Relativierend ist anzumerken, dass intern nicht alle Rücklagen auf der Ebene des Präsidiums liegen, sondern – je nach Budgetierungsmodell – insbesondere auch auf der dezentralen Ebene, also in den Instituten und einzelnen Professuren, weniger in den Dekanaten. Da die Universität Hildesheim keine dezentrale Personalkostenbudgetierung vornimmt, verbleiben die freien Mittel aus der Kapitalisierung unbesetzter Personalstellen zentral. In Hochschulen mit einer dezentralen Personalkostenbudgetierung stellt sich die Situation häufig anders dar. Dort ist die Hochschulleitung gefordert, zum Beispiel durch Grenzwerte eine übermäßige (Kleinst-)Rücklagenbildung zu verhindern und die Mittel einer gesamtorganisatorischen Verwendung zuzuführen. Nur über eine transparente Darlegung der Rücklagenplanung kann der zunehmenden Kritik der Landesrechnungshöfe und Haushaltspolitiker und Haushaltspolitikerinnen an den Rücklagen der Hochschulen, bei der kamerale Ideen wie zum Beispiel das Jährlichkeitsprinzip eine Renaissance erleben, begegnet werden.
Anders als bei den landesbetrieblich organisierten Hochschulen in Niedersachsen können die Stiftungshochschulen gemäß Niedersächsischem Hochschulgesetz ihre nicht verwendeten Rücklagen nach Ablauf von drei Jahren dauerhaft ins Stiftungskapital überführen und so langfristig Erträge für das laufende Budget generieren.
Dies setzt eine Liquiditätsplanung voraus, die zwischen kurz-, mittel- und langfristig benötigten liquiden Mitteln zur Finanzierung der laufenden Aufgaben differenziert. Während kurz- und mittelfristig benötigte Finanzmittel auf Tages- und Festgeldkonten transferiert werden, nutzt die Universität Hildesheim ihre Finanzautonomie als Stiftung zur langfristigen Anlage freier Liquidität in Wertpapieren. So gehen Risikomanagement, Rücklagen- und Liquiditätsplanung zur Absicherung der Zielerreichung der Universität Hildesheim Hand in Hand.