Reduzieren und Konzentrieren:
Qualitätsanspruch auch in
Krisenzeiten halten

Nicole Soltwedel (Foto: Peter Himsel)

 
Nicole Soltwedel, seit acht Jahren Kanzlerin der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe (TH OWL), stellt den Weg ihrer Hochschule durch einen fünfjährigen Konsolidierungsprozesses vor und reflektiert die wichtigsten Erkenntnisse.

 

Foto: Peter Himsel

 

Konsolidierung am Beispiel der Technischen Hochschule
Ostwestfalen-Lippe 2020-2025

 
Die Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe (TH OWL) ist eine kleine, aber leistungsstarke Hochschule in Nordrhein-Westfalen, die an ihren drei Standorten knapp 6.000 Studierende in vielfältigen Studiengängen für die Zukunft ausbildet. Eine hohe Drittmittelquote und eine dynamische bauliche Standortentwicklung zeichnen sie außerdem aus. Gleichzeitig zeigte die Liquiditätsplanung im Jahr 2018 ein hohes prognostiziertes jährliches Defizit auf, das sich über acht Jahre hinweg zu einem mittleren zweistelligen Millionenbereich kumulierte.

Am Beginn unseres Konsolidierungsprozesses stand eine intensive Analysephase: verschiedene hochschulinterne Ursachen in Budgetierung und Controlling sowie externe Ursachen, wie hohe Eigenanteile für Baumaßnahmen und Schadstoffsanierungen, wurden als Gründe für die Finanzlage ausgemacht.

Für uns als Hochschulleitung war sofort klar, dass wir die notwendigen Einsparungen sinnvoll und in Verbindung mit unseren strategischen Zielen vornehmen wollten. Wir definierten handlungsleitende Überlegungen, in denen wir das gemeinsame Verständnis der Hochschulleitung für den Konsolidierungsprozess mit dem Ziel eines ausgeglichenen Haushalts fünf Jahre später, festhielten: Dazu gehörten messbare Ziele in Form von Kennzahlen genauso wie Transparenz der Entscheidungen, Profilschärfung der TH, Modernisierung des Lehrangebots und kennzahlenbasierte, gerechte Verteilung der Einsparungen und Ressourcen. Es galt also Einsparpotenziale zu finden, mit der sich dezentrale Ungleichgewichte ausgleichen, Auslastung und Effizienz steigern und die interne Steuerung verbessern ließen.

Schließlich stand eine Konsolidierungsplanung mit einem umfangreichen Maßnahmenkatalog, wie beispielsweise Maßnahmen zur Ausschöpfung der verschiedenen Mitteltöpfe, die Nutzung freier Personalmittel und verschiedene Ansätze zur hochschulinternen Umverteilung von Stellen und Mitteln. Auch das Stakeholdermanagement gegenüber Ministerium, Hochschulrat und internen Gremien war ein wesentlicher Teil, denn die Maßnahmen verlangten der TH OWL und ihren Menschen vieles ab.

Gute Erfahrung haben wir dann während der Umsetzungsphase mit kennzahlenbasierten Steuerungstools und faktenbasierten Analysen gemacht. Budgetierungs- und Controllingmaßnahmen führten zu hohen zentralen Einsparungen, Potenzialanalysen für Studiengänge zeigten Steuerungsbedarf auf.

Wir etablierten außerdem im Prozess zwei Tools, die wir für die kennzahlenbasierte Umverteilung von Professuren- und wissenschaftliche Beschäftigtenstellen innerhalb der Hochschule einsetzen.

  • Die sogenannte Personalbemessung analysierte auf der Basis des Lehrangebots, der Laborbetreuung, des Aufwands in Forschung und Transfer sowie der Studierendenzahlen einen kennzahlenbasierten Austausch mit den Fachbereichen. Im Gespräch mit den Dekanen vereinbarten wir eine Umverteilung der wiss. Beschäftigtenstellen in den Folgejahren.
     
  • In dem weiteren Steuerungstool entwickelten wir für den professoralen Lehrbedarf: anhand kapazitärer Parameter (Curricularwerte, Schwundquote, Regelstudienzeit, Kohortengröße) und vereinbarten mit den Dekanen nicht nur einen gerecht über alle Fachbereiche verteilten Beitrag zur Konsolidierung, sondern auch eine Straffung und schrittweise Veränderung des Studienangebots mit den Zielen Effizienzsteigerung und Ausbau des wissenschaftlichen Profils. Das Tool wird als transparent wahrgenommen und genießt hochschulweite Akzeptanz.

Am Ende der Analysephase schlossen wir Zielvereinbarungen mit den Dekanen, um unser im Prozess erworbenes gemeinsames Verständnis über die Planungsziele bei gleichzeitiger Planungssicherheit auf beiden Seiten festzuhalten. Ein Review nach zwei Jahren erlaubte die Nachsteuerung.

Rückblickend haben wir den Konsolidierungsprozess erfolgreich umgesetzt. Kurz vor Ende hat die TH OWL wieder ein ausgeglichenes Jahresergebnis. Mit Blick auf die auch in den nächsten Jahren hohen angekündigten Einsparungen für Hochschulen in Nordrhein-Westfalen, haben wir mit dem zurückliegenden Prozess bereits viele wertvolle Erfahrungen gemacht und wir haben wichtige Weichen gestellt, um die TH OWL finanziell und hinsichtlich ihres Profils zukunftsfähig aufzustellen. Wie bei allen Veränderungsprozessen sind eine adressatengerechte Kommunikation der Herausforderungen und auch der Erfolge sowie eine geschlossen hinter den Maßnahmen stehende Hochschulleitung wichtige Erfolgsfaktoren. Das Vertrauensverhältnis zu unserem Hochschulrat, der uns als Sparringspartner und in der internen Kommunikation begleitet, eine große Unterstützung.