Die Arbeit des Hochschulrats produktiv und Nutzen stiftend gestalten

Simone Fulda (Foto: Peter Himsel)

Prof. Dr. Simone Fulda, ehemalige Vorsitzende des Universitätsrats der Universität Rostock, ehemaliges Mitglied des Hochschulrats der RWTH Aachen und ehemalige Präsidentin der Universität zu Kiel, beleuchtet, wie die unterschiedlichen landeshochschulrechtlichen Rahmenbedingungen die Rolle und Wirksamkeit von Hochschulräten prägen, welche Bedeutung eine bewusste Rollenreflexion für ihr Zusammenspiel mit Hochschulleitungen hat und wie Hochschulräte als "critical friends" zur strategischen Weiterentwicklung von Hochschulen beitragen können.
 

Foto: Peter Himsel

 
Im Zuge der hochschulpolitischen Reformen nach dem Leitbild des New Public Management wurden viele Befugnisse von Ministerien auf Hochschulleitungen bzw. Hochschulräte übertragen. Ein Blick auf die Landeshochschulgesetze zeigt, dass diese Reformen in den Bundesländern unterschiedlich vollzogen wurden. So reicht das Portfolio von Funktionen, die einem Hochschulrat gesetzlich zugeschrieben sind, von beratend (zum Beispiel Mecklenburg-Vorpommern) bis kontrollierend bzw. mitentscheidend (Nordrhein-Westfalen). Auch die landeshochschulgesetzlich geregelte Zusammensetzung von Hochschulräten variiert, zum Beispiel bezüglich der Anzahl der stimmberechtigten bzw. externen Mitgliede oder der Art der Zusammensetzung (unter anderem Präsidentin/Präsident, Rektorin/Rektor, Senatsmitglieder, sonstige Hochschulmitglieder, Ministerialvertreterin/Ministerialvertreter). Zudem sieht das Land Bremen im Landeshochschulgesetz keine Hochschulräte vor.

Damit ein Hochschulrat mit allen seinen Mitgliedern seine bestmögliche Wirksamkeit entfalten kann, hat sich eine explizite Reflexion seiner Rolle und Funktion in der Hochschule bewährt. Dabei schaffen Grundkenntnisse des jeweiliges Landeshochschulgesetzes gute Voraussetzungen für die Arbeit eines Hochschulrat. Weiter wird die Rolle von Hochschulräten oft als "critical friends" beschrieben. Denn neben der Unterstützung des Präsidiums bzw. Rektorats in der Führung und Steuerung der Hochschule ist eine kritisch-konstruktive Begleitung ebenso gefragt, um gegebenenfalls auch Schwachpunkte, Defizite oder Risiken aufzuzeigen, Herausforderungen zu meistern und eine Hochschule zukunftsorientiert weiterzuentwickeln. 

Darüber hinaus hat sich eine Verständigung darüber bewährt, wie proaktiv bzw. reaktiv der Hochschulrat seine Funktion ausüben möchte. Neben den gesetzlich geregelten Funktionen (quasi als "Pflicht") hat ein Hochschulrat durchaus Spielräume, die er als "Kür" für seine bestmögliche Wirksamkeit nutzen kann.

Für die beschriebene Rollenreflexion bietet sich die konstituierende Sitzung eines neu besetzten Hochschulrats an. Diese Reflexion kann auch gemeinsam mit den Mitgliedern des Präsidiums bzw. Rektorats erfolgen, um das Zusammenwirken dieser beiden Gremien von Anfang an gut zu gestalten. Die Erarbeitung einer Geschäftsordnung des Hochschulrats hat sich als nützlich erwiesen, um Klarheit und Transparenz über seine Funktion zu schaffen und innerhalb der Hochschule sowie nach außen zu kommunizieren.

Welche Funktion der Hochschulrat hat und wie er seine Rolle ausüben möchte, hat viele Implikationen, unter anderem für sein Agenda Setting, die Interaktion mit anderen Gremien/Akteuren der Hochschule bzw. dem Ministerium oder die Planung der Tagesordnung von Hochschulratssitzungen. Da Hochschulräte auch eine Kontrollfunktion in Finanzfragen haben können, sind entsprechende Kompetenzen zum Beispiel bei der Zusammensetzung seiner externen Mitglieder bzw. beim Vorsitz sinnvoll.

Bei der Arbeitsplanung setzen viele Hochschulräte auf eine strategische Planung mit kurz-, mittel- bis langfristiger Orientierung sowie inhaltlicher Schwerpunktsetzung. Dabei können spezifische Kompetenzen der Hochschulratsmitglieder gezielt eingebunden, indem sie zum Beispiel als Themenpaten bei Schwerpunktthemen fungieren.

In der Arbeitsweise von Hochschulräten haben sich mannigfaltige Formate im jeweils spezifischen Kontext einer Hochschule bewährt, so dass hier nur einige Anregungen skizziert werden können. Neben Hochschulratssitzungen als Kernstück der Tätigkeit sind regelmäßige oder anlassbezogene Klausurtagungen oder Workshops mit dem Präsidium/Rektorat verbreitet. Weiter spielt die Zusammenarbeit mit dem Senat eine wichtige Rolle, unter anderem da der Hochschulrat und Senat als zentrale Gremien einer Hochschule bei der Wahl/Abwahl der/des Präsidentin/Präsidenten bzw. der Rektorin/des Rektors formal bzw. informell zusammenwirken. Da die landeshochschulrechtlichen Vorgaben nur in einzelnen Bundesländern gewählte Senatsmitglieder in den Hochschulräten vorsehen, sind ggf. alternative Formate für eine gelungene Zusammenarbeit des Hochschulrat mit dem Senat erforderlich (zum Beispiel wechselseitiger Gaststatus bei Sitzungen, Turnusgespräche). Um die Interaktion mit weiteren Hochschulmitgliedern zu fördern, bieten sich Besuche der Fakultäten bzw. weiterer für die Hochschule wichtiger Einheiten wie Forschungszentren oder die Teilnahme an hochschulübergreifenden Veranstaltungen wie einem Jahresempfang an.

Da der Hochschulrat nicht nur eine wichtige Schnittstelle in die Hochschule hinein, sondern auch nach außen ist, sind tragfähige Kommunikations- und Arbeitsformate mit dem zuständigen Landesministerium von Bedeutung. Eine Zusammenarbeit mit anderen Hochschulräten desselben Bundeslandes bietet sich zum Beispiel bei der Novellierung eines Hochschulgesetzes an, um die Interessen der Hochschulen gegenüber der Politik wirkungsvoll zu unterstützen. Weiter können Hochschulratsmitglieder aus der Wirtschaft oder Zivilgesellschaft die Vernetzung der Hochschule mit diesen Sektoren zum Beispiel bei regionalen Veranstaltungen fördern.