Was macht einen guten Hochschulrat aus?

Ergebnisse des Peer-Austauschs

zusammengefasst von

Anna Lebed
Stifterverband

Ulrich Müller
CHE Centrum für Hochschulentwicklung
 

Nach Impulsen von Prof. Dr. Jutta Schnitzer-Ungefug (Vorsitzende des Kuratoriums der Martin-Luther Universität Halle-Wittenberg; ehemalige Generalsekretärin der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina) und Prof. Dr. Jürgen Mlynek (Vorsitzender des Stiftungsrates der Stiftung Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover; ehemaliger Präsident der Helmholtz-Gemeinschaft; ehemaliger Präsident der Humboldt-Universität zu Berlin) beschäftigten sich zwei parallele Arbeitsgruppe mit der Leitfrage, wann ein Hochschulrat ein guter ist – sprich: Wann er in der Praxis zu einem echten Gewinn für "seine" Hochschule wird.

Die Arbeitsgruppen identifizierten folgende konkreten Lessons Learned und Good Practices:

  • Hochschulräte verfügen über einen beträchtlichen Gestaltungsspielraum. Das jeweilige Hochschulgesetz gibt einen Rahmen vor und beschreibt Aufgaben, Rechte und Pflichten. Hochschulräte können allerdings innerhalb dieses Rahmens ihre Rolle – in Absprache mit der Hochschulleitung – in unterschiedlicher Weise interpretieren. Nicht selten werden zum Beispiel bei konstruktivem Zusammenspiel auch Hochschulräte/Kuratorien mit eher beratender Rolle seitens der Hochschulleitung bei Weichenstellungen einbezogen, bei denen sie laut Hochschulgesetz eigentlich kein formelles Mitspracherecht haben.
     
  • Hochschulratsmitglieder müssen gut ausgewählt werden. Sie sollten über ein demütig-dienendes Selbstbewusstsein verfügen, eine Nähe zum inhaltlichen Profil der Hochschule aufweisen und über ausreichend Zeit für die Aufgaben verfügen. Nicht zuletzt sollte insgesamt die "Mischung" der Zusammensetzung eine gewisse Heterogenität und Perspektivenvielfalt (unter anderem Haushaltskompetenz) abbilden.
     
  • Hochschulräte müssen wissen, wie eine Hochschule "tickt". Neue Hochschulratsmitglieder müssen bei Bedarf mit hineingenommen werden in die Eigenarten der Hochschulkultur. Ebenso muss im Onboarding-Prozess vermittelt werden, welche Rolle der Hochschulrat einnimmt und welche Routinen bereits etabliert wurden.
     
  • Hochschulräte müssen bereit sein, Verantwortung zu übernehmen, ohne zu dominieren. Ihr Einfluss wird auch durch schriftlich dokumentierte Empfehlungen, in denen sie begründet Stellung beziehen, wirksam.
     
  • Hochschulräte müssen über eine gewisse Konfliktbereitschaft verfügen – eine Hochschule gleicht nicht immer einer "Happy Family".
     
  • Hochschulräte müssen strategisch denken, als Impulsgeber (vor allem durch das Einspeisen zielgerichteter Fragen in Entscheidungsprozesse) liefern sie wichtige Anstöße zu gesellschaftlichen Bedarfen und zu Überlegungen, wie die Hochschule in der Zukunft aussehen könnte. Als Format für strategischen Austausch abseits des Tagesgeschäfts haben sich gemeinsame Klausurtagungen von Hochschulrat und erweiterter Hochschulleitung bewährt.
     
  • Hochschulräte nehmen die Hochschule als Ganze in den Blick – die Mitglieder stehen nicht für die Interessen bestimmter Gruppen oder Stakeholder.
     
  • Hochschulräte müssen in gegenseitigen Vertrauensaufbau investieren. Ein enger Draht zwischen Hochschulratsvorsitz und Rektorin/Rektor bzw. Präsidentin/Präsident erleichtert gute Zusammenarbeit. Konkret helfen eine gemeinsame Festlegung und Vorbesprechung der Tagesordnung. Gleichzeitig muss ein Hochschulrat auf eine gute Balance aus Nähe und Distanz achten und Loyalitätskonflikte offen ansprechen.
     
  • Hochschulräte sollten die Sitzungszeit effektiv nutzen: Zu wiederkehrenden Tagesordnungspunkten wie etwa dem "Bericht der Hochschulleitung" sollten entsprechende Unterlagen im Vorfeld zur Verfügung gestellt werden, dann können in der Sitzung ohne mündlichen Vortrag gleich gezielt Rückfragen gestellt werden.
     
  • Die Tagesordnung von Hochschulräten sollte klare Schwerpunktthemen vorsehen, die es erlauben, entscheidende strategisch bedeutsame Themen angemessen zu diskutieren.
     
  • Der Hochschulrat sollte – auch wenn nicht ohnehin gesetzlich vorgeschrieben – Kontakte zu den verschiedenen Statusgruppen, relevanten Akteuren und Gremien (v.a. Senat) sowie zum Personalrat etc. pflegen. Die Einladung von hochschulinternen Expertinnen und Experten zu einzelnen Tagesordnungspunkten, der Besuch verschiedener Standorte und "Ortsbesuche" erschließen weitere Kontakte in die Hochschule hinein und wertvolle Expertise. Nicht zuletzt erhöhen solche Aktivitäten die Transparenz und Akzeptanz der Hochschulratsarbeit.
     
  • Hochschulräte sollten nur auf Wunsch und in Absprache mit der Hochschulleitung hin nach außen kommunizieren und Impulse Richtung Politik senden. Die Hochschulleitung ist die Stimme der Hochschule, der Hochschulrat kann hier bei Bedarf jedoch "sekundieren" und als Verstärker wirken.
     
  • Ein Zusatz-Treffen der externen Hochschulratsmitglieder unter sich (im Vorfeld online oder am Vorabend der Sitzung) erleichtert einen offenen Austausch und eine gemeinsame Meinungsbildung.