Kennzahlen und Indikatoren klug nutzen: Eine Checkliste für Hochschulräte

 
 
Ulrich Müller
, Leiter politische Analysen im CHE Centrum für Hochschulentwicklung
 
Foto: David Ausserhofer

"Warum schreien alle nach vergleichbaren Zahlen? Damit Leute, die nichts von der Sache verstehen, auch mitreden können." – So antwortete uns 2010 ein Experte in einem Interview, das wir für die Erarbeitung des Handbuchs Hochschulräte führten. Dieser Einschätzung liegt eine arg pessimistische Einschätzung zugrunde. Im Gegenteil – so wäre meine Einschätzung – helfen Kennzahlen und Indikatoren gerade auch Leuten, die viel von einer Sache verstehen, Diskussionen so zu gestalten, dass sie am Ende zu guten Ergebnissen und Entscheidungen führen. Sieben Erfolgsfaktoren tragen dazu bei, dass dies gelingt: 

Immer faktenbasiert diskutieren: Aussagekräftige, substantiierte Vorlagen (Evaluationen, Berichte, Kennzahlen, Informationen, Vergleiche) sind in der Hochschulratsarbeit unentbehrlich. Diffuse "Eindrücke" vom Hörensagen oder unsachliche Emotionen sind als Diskussionsgrundlage nicht geeignet. Kennzahlen und Indikatoren ersetzen Diskussionen und Entscheidungen aber auch nicht durch einen expliziten oder impliziten "Automatismus", sie stoßen vielmehr Entscheidungen an und fundieren Entscheidungsfindungsprozesse.

Standardisiertes Berichtssystem etablieren: Dafür, dass der Hochschulrat seine Aufgaben – insbesondere hinsichtlich der Strategieberatung und Aufsicht – auch wahrnehmen kann, ist ein zyklisches, standardisiertes Berichtssystem eine entscheidende Basis. Es ist unentbehrlich, damit der Hochschulrat auf dieser Basis die richtigen Fragen stellen kann – die vermutlich wesentlichste Aufgabe des Hochschulrats. Mindestens folgende Bausteine sollte ein Berichtssystem Richtung Hochschulrat umfassen: Den Wirtschaftsplan, ein knappes Set an Kerndaten, den Lagebericht (als Interpretation des Zahlengerüstes) sowie einen jährlichen Risikomanagement-Bericht. Das Fortschreiben der Daten des Kernsets über die Jahre ermöglicht aufschlussreiche Vergleiche im Verlauf der Entwicklung. Ebenso hilfreich ist ein Soll-/Ist-Abgleich sowie ein Vergleich mit ähnlichen profilierten bzw. konkurrierenden Hochschulen (Benchmarking).

Informationsbedarf artikulieren: Verantwortlich für die Erstellung entsprechender Vorlagen ist die Hochschulleitung. In die Verantwortung des Hochschulrats gehört es allerdings, seinen Informationsbedarf zu artikulieren und entsprechende Unterlagen von der Hochschulleitung abzufordern. Dabei sollte er aber auch den Aufwand für die Hochschulleitung und -verwaltung berücksichtigen. Nicht jeder Sonderwunsch ist elementar und rechtfertigt den damit einhergehenden Erhebungs- und Aufbereitungsaufwand, etwa wenn mit leichten Abstrichen auch bereits vorhandene Datenquellen, Systematiken oder Auswertungen genutzt werden könnten.

Zweck von Kennzahlen klären: Kennzahlen, Indikatoren und sonstige Informationen können in Diskussionen ihren Zweck am besten dann erfüllen, wenn dieser von Anfang an geklärt ist. Das klingt trivial, ist es aber nicht. Idealerweise klären Hochschulleitung und Hochschulrat explizit, welchem Zweck die Kennzahlen dienen, etwa dem Leistungsvergleich/Benchmarking oder dem Bewerten von Entwicklungen oder der Identifikation/dem Nachverfolgen von Profilschwerpunkten. Das erleichtert es, dann die Erhebung und Darstellung klar auf den Einsatzzweck hin auszurichten. Entscheidend ist auch die bewusste Reflexion, an welcher Stelle und zu welchem Zeitpunkt in Entscheidungsprozessen Kennzahlen und Indikatoren ihre optimale Wirkung entfalten.

Kennzahlen reflektieren: Es ist wichtig, das Set an Kennzahlen in größeren Abständen zu reflektieren: Erhält der Hochschulrat wirklich die strategisch relevanten Informationen, sind sie aussagekräftig? Kann der Hochschulrat anhand der vorliegenden Berichte wirklich die zielorientierte Entwicklung und Profilierung der Hochschule nachvollziehen?

Aufbereitung der Unterlagen optimieren: Eine adäquate Informationsaufbereitung erleichtert dem Hochschulrat angesichts seiner Ehrenamtlichkeit seine Arbeit erheblich. Hier einige Prüffragen: Sind die Unterlagen auf das Wesentliche reduziert? Werden umfangreichen Vorlagen in einem vorangestellten Management Summary zusammengefasst? Sind die Sitzungsunterlagen aussagekräftig gestaltet? (Werden standardisierte Kennzahlen eingesetzt, die über Vergleichswerte eine Einordnung ermöglichen?) Werden (etwa in Form einer SWOT-Analyse) Stärken und Schwächen ausgewogen berücksichtigt oder wird eventuell lieber eine heile Welt vorgegaukelt? Werden alle Dokumente rechtzeitig versandt, um eine angemessene Vorbereitung zu ermöglichen?

Zahlen sind nicht alles: Bei aller notwendigen Quantifizierung, die im Idealfall ungeschönt die Wahrheit abbildet, ist es aber genauso entscheidend, die "Stimmung", die "weichen Faktoren" aufmerksam im Blick zu behalten. Hier helfen vielfältige Kontakte des Hochschulrats in die Hochschule hinein.