Die hessische Landesregierung hat am 20. September 2021 durch Kabinettsbeschluss den Entwurf zahlreicher Änderungen hochschulrechtlicher Vorschriften verabschiedet. Der Entwurf der Novelle des Hessischen Hochschulgesetzes (HHG) wird derzeit im Landtag beraten.
Bezogen auf die Hochschulräte hessischer Hochschulen sieht der Gesetzentwurf einige bedeutsame Anpassungen vor. § 48 Abs. 4 soll so gefasst werden, dass der Hochschulrat künftig "die Tagesordnung seiner Sitzungen und seine Beschlüsse in geeigneter Weise hochschulöffentlich bekannt" geben muss. Diese Verpflichtung ist zu begrüßen: Sie entspricht der Intention des Positionspapiers deutscher Hochschulräte aus dem Jahr 2012 (Punkt 14). Es liegt im Interesse des Hochschulrats, zur Herstellung größtmöglicher Akzeptanz Transparenz über die eigenen Arbeitsschwerpunkte und Entscheidungen sicherstellen. Und die gewünschte Transparenz sollte sich übrigens auch nicht, wie im HHG-Entwurf vorgesehen, auf die "Hochschulöffentlichkeit" beschränken (vgl. § 48 Abs. 9 HHG neu, wo Transparenz als Pflichtinhalt der Geschäftsordnung definiert wird), sondern aufgrund der Mittlerfunktion des Hochschulrats zwischen Gesellschaft und Hochschule breiter die "interessierte" Öffentlichkeit einschließen.
§ 48 Abs. 9 neu regelt zusätzlich, dass die Geschäftsordnung des Hochschulrats Regelungen "zur Zusammenarbeit mit Organen und Interessensvertretern der Hochschule" enthalten muss. Diese Änderung ist zu begrüßen und entspricht ebenfalls der Intention des Positionspapiers deutscher Hochschulräte aus dem Jahr 2012 (Punkt 13). Die im Referentenentwurf noch vorgesehene Verpflichtung, mindestens einmal jährlich dem Senat, den Studierenden, dem Personalrat, der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten und der Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen sowie der/dem Beauftragten für Studierende mit Behinderungen oder chronischen Erkrankungen "Gelegenheit zur Information und Beratung" zu geben, wurde zu Recht wieder fallen gelassen – sie war zwar von der Intention sinnvoll und nachvollziehbar, aber eine Übertragung in die Eigenverantwortung des Hochschulrats erscheint an dieser Stelle tatsächlich überzeugender als eine detaillierte und unflexible maßnahmenorientierte Vorschrift.
§ 48 Abs. 7 HHG neu regelt die maximale Amtszeit der Mitglieder des Hochschulrats. Die vorgesehene Begrenzung der Amtszeit von Hochschulräten auf "in der Regel" acht Jahre setzt ein klares Signal in Richtung Fluktuation und Erneuerung, um regelmäßig frische Impulse sicherzustellen. Das ist legitim und nachvollziehbar. Es ist allerdings zu berücksichtigen, dass neue Mitglieder sich erst einarbeiten müssen und eine gute Zusammenarbeit im Team und mit der Hochschulleitung sich auch erst entwickeln muss. Es ist daher sehr begrüßenswert, dass die Passage gegenüber der Fassung des Referentenentwurfs durch den Einschub "in der Regel" deutlich abgemildert und nur als "Soll"-Vorschrift formuliert ist. Das ermöglicht Ausnahmen, etwa für den Vorsitz. So kann eine Kontinuität der Abläufe, Kontakte, Arbeitsweisen und Rolleninterpretation bei gleichzeitiger regelmäßiger "Auffrischung" der Besetzung sichergestellt werden.
Für Hochschulräte könnte § 41 neu etwas irritierend wirken. Hier sieht der Entwurf eine optionale Hochschulversammlung vor, bestehend unter anderem aus den Mitgliedern des Präsidiums, dem Hochschulratsvorsitz, den Dekaninnen und Dekanen sowie den Studierendenvertreterinnen und Studierendenvertretern. Einzige vorgeschriebene Aufgabe der Hochschulversammlung ist es, mindestens einmal im Jahr über "Grundsatzfragen der Hochschulentwicklung sowie das Leitbild der Hochschule" zu beraten. So begrüßenswert es ist, wenn hochschulische Gremien und Organe miteinander im konstruktiven Dialog sind, und so nachvollziehbar der Ansatz ist, einen regelhaften Austausch verschiedener Akteure zu Grundsatzfragen der Hochschulentwicklung und zum Leitbild der Hochschule zu initiieren: Die Etablierung einer optionalen "Hochschulversammlung" birgt einige Probleme. Zum einen bleibt unklar, wen genau sie beraten soll. Oder soll sie tatsächlich auch Beschlüsse fassen (die Hochschule kann dies offenkundig in der Grundordnung vorsehen – was jedoch Folgeprobleme aufwerfen würde)? Zum anderen ist fraglich, ob eine Diskussion von "Grundsatzfragen der Hochschulentwicklung" und eine Beratung des Leitbilds tatsächlich in jährlichem Zyklus notwendig und sinnvoll sind.
Vor allem verunklart die Hochschulversammlung die Rollen der vorhandenen Organe. Wo sollen denn künftig strategische Debatten geführt werden, hier oder im Hochschulrat? Wie soll mit divergierenden Ergebnissen in strategischen Fragen umgegangen werden, wenn Hochschulversammlung und Hochschulrat zu verschiedenen Ergebnissen kommen? Strategische Diskussionen sollten vor allem im Hochschulrat erfolgen. In der vorliegenden Konzeption besteht die Gefahr, dass die Hochschulversammlung ohne Rollenklärung und definierte Gruppenidentität vorhandene Debatten dupliziert und lediglich in veränderter Besetzung erneut führt. Nicht zuletzt soll das neue HHG dem Entwurf zufolge in § 48 Abs. 7 die Vorschrift enthalten, dass Frauen mit mindestens 40 Prozent der Sitze im Hochschulrat vertreten sein müssen.
Autor des Textes:
Ulrich Müller, Leiter Politische Analysen beim CHE Centrum für Hochschulentwicklung
Foto: David Ausserhofer