Die Kompetenzen der Hochschulräte bei der Hochschulleitungswahl

Eine systematisierende Übersicht

Ulrich Müller (Foto: Marcel Schwickerath)

 
Ulrich Müller
, Mitglied der Geschäftsleitung beim CHE Centrum für Hochschulentwicklung in Gütersloh, stellt in seinem Beitrag die Grundtypen dar, nach denen in den einzelnen Bundesländern die Mitwirkungs- und Entscheidungsrechte von Hochschulräten bei der Hochschulleitungswahl geregelt sind.

Foto: Marcel Schwickerath

 

In den 15 Ländern, deren Hochschulgesetze Hochschulräte vorsehen, haben diese sehr unterschiedliche Mitwirkungs- und Entscheidungsrechte bei der Hochschulleitungswahl. Im Folgenden sind die Grundtypen der Kompetenzzuweisung zusammenfassend dargestellt – von der Reihenfolge her mit zunehmender Tendenz. Zur Komplexitätsreduktion liegt der Fokus allein auf der Wahl der Präsidentin bzw. des Präsidenten und des Rektorin bzw. des Rektors. Außen vor bleiben hier die Abwahl der Hochschulleitung, die Wahl hauptamtlicher Vizepräsidentinnen/Vizepräsidenten, Prorektorinnen/Prorektoren, Sonderregelungen für den Fall einer erneuten Kandidatur einer Amtsinhaberin/eines Amtsinhabers sowie spezielle Regelungen für Kunst- bzw. Musikhochschulen in Nordrhein-Westfalen und im Saarland.

Als Ideal formulierte das Positionspapier des Forums Hochschulräte im Jahr 2012: "Das Konstrukt der doppelten Legitimation der Hochschulleitung, also einer Wahl der Rektorinnen/Rektoren und Präsidentinnen/Präsidenten durch Senat und Hochschulrat, hat sich bewährt und ist entsprechend den verfassungsrechtlichen Vorgaben zu sichern. Eine gemeinsame Findungskommission von Mitgliedern des Senats und des Hochschulrats ist eine gute Option, um mit möglicherweise auftretenden Konflikten umzugehen." Dieses Ideal wird auch elf Jahre später längst nicht in allen Ländern erreicht.

Am weitesten von diesem Anspruch entfernt sind die Länder Berlin, Bremen und Mecklenburg-Vorpommern; in diesen Ländern ist der Hochschulrat faktisch außen vor: In Berlin kann das Kuratorium eigene (zusätzliche!) Wahlvorschläge zur Wahl der Hochschulleitung unterbreiten (§ 55 Abs. 3 BerlHG), allerdings wählt letztlich der Erweiterte Akademische Senat und der Akademische Senat hat die Verfahrenshoheit. Die Möglichkeit eines Wahlvorschlags ist also faktisch recht entbehrlich und bedeutungslos. In Bremen sieht das Hochschulgesetz weiter keinen Hochschulrat vor. Und in Mecklenburg-Vorpommern erfolgt die Wahl der Hochschulleitung im Konzil (§ 80 LHG MV). In Rheinland-Pfalz weist das Hochschulgesetz das (entscheidende und damit faktisch durchaus bedeutungsvolle) Vorschlagsrecht für die Wahl der Präsidentin/des Präsidenten dem Hochschulrat zu – im Einvernehmen mit dem Ministerium. Die letztliche Wahl erfolgt dagegen aber durch den Senat (§ 74 Abs. 4 und § 80 Abs. 7).

Das dominierende Modell in Deutschland ist die gemeinsame Findungskommission. In Brandenburg (bezogen auf den Landeshochschulrat), Hessen, Hamburg, Niedersachsen (bezogen auf Hochschulen in stattlicher Trägerschaft), Schleswig-Holstein, Saarland, Sachsen und Sachsen-Anhalt bereitet eine gemeinsame Findungskommission aus Senat und Hochschulrat den Wahlvorschlag vor. Im Detail gibt es dabei zahlreiche Unterschiede – zum Beispiel hinsichtlich der Fragen, ob die Findungskommission paritätisch besetzt ist, wer den Vorsitz der Findungskommission innehat und wer letztlich die entscheidende Wahl verortet ist (meist im Senat).

Zahlreiche Sonderfälle machen das Bild komplex. So erfolgt in Hamburg etwa zwar die Wahl im Hochschulsenat, sie bedarf aber einer Bestätigung durch Hochschulrat (§ 84 Abs 1 und § 80 Abs 1 und 4 HmbHG). Im Saarland erarbeitet eine paritätische Findungskommission einen Wahlvorschlag, auch dieser bedarf allerdings der Bestätigung durch den Hochschulrat; anschließend erfolgt die eigentliche Wahl durch Senat und Hochschulrat in getrennten Wahlgängen (§ 20 Abs. 2 SHSG).

Vier Länder sehen ein weitergehendes Modell vor: das einer gemeinsamen Findungskommission mit anschließender Wahl in einer gemeinsamen Wahlversammlung von Senat und Hochschulrat. Ein solches Verfahren ist in Brandenburg (für die EU Viadrina; vgl. § 10 Abs. 2 und § 11 StiftG-EUV), Baden-Württemberg (§ 18 Abs. 1 und 2 LHG BW), Nordrhein-Westfalen (§ 17 und § 21 Abs. 1) und Thüringen (§ 30 Abs 4 und 5) etabliert. In einer gemeinsamen Sitzung von Hochschulrat und Senat muss dabei – nach entsprechender Vorarbeit in der gemeinsamen Findungskommission – jeweils in beiden Gremien eine Mehrheit erreicht werden.

Am weitesten gehen die Länder Bayern und Niedersachsen (bezogen auf die Stiftungshochschulen). Sie weisen die Entscheidung über die Wahl einer Hochschulleitung tatsächlich klar dem Hochschulrat zu. In Bayern wählt der Hochschulrat die Präsidentin oder den Präsidenten (Art. 36 Abs. 5 BayHIG). Dabei ist allerdings zu beachten, dass der Senat qua Amt Teil des gemischt besetzten Hochschulrats ist (Art. 36). Die doppelte Legitimation wird hier daher sozusagen in einem einzigen Gremium erledigt. Den Wahlvorschlag erarbeiten die Vorsitzenden des Senats und des Hochschulrats gemeinsam (Art. 31 Abs. 1). In Niedersachsen (bezogen auf die Stiftungshochschulen) liegt die endgültige Wahlentscheidung beim Stiftungsrat. Die Vorbereitung erfolgt in einer paritätischen Findungskommission (Vorsitz: Stiftungsrats-Vertreterin/Vertreter), zudem erfolgt im Vorfeld eine gemeinsame Erörterung durch Senat und Stiftungsrat. Der Senat legt dann seinen Entscheidungsvorschlag dem Stiftungsrat zur Entscheidung vor (§ 38 Abs. 2 / § 60 Abs. 2).