Wie reagiert die Heinrich-Heine-
Universität Düsseldorf auf die
Herausforderung (vermutlich)
sinkender Studierendenzahlen?

Martin Goch (Foto: David Ausserhofer)

  

Dr. Martin Goch, Kanzler der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, schildert an konkreten Beispielen unterschiedliche Maßnahmen, wie die Hochschule auch in den Zeiten der tendenziell sinkenden Studierendenzahlen stabil bleiben kann.
  

Foto: David Ausserhofer

 

Sinkende Zahlen von Studierenden bzw. Studienanfängerinnen und Studienanfängern sind aktuell eines der Top-Themen der Wissenschaftspolitik. Der Wettbewerb um Talente erstreckt sich nun auch auf Studienanfängerinnen und Studienanfänger. Eine Analyse der einschlägigen Daten zum Beispiel durch die Experten vom CHE zeigt ein heterogenes Bild. Während bei manchen Hochschulen die Zahlen der Studienanfängerinnen und Studienanfänger signifikant sinken, können andere ihren Status quo behaupten, ja Zuwächse verbuchen.

Die Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) steht aktuell mit gut 28.000 Studierenden und einer über die letzten Jahre konstanten Zahl von ca. 4.700 Studienanfängerinnen und Studienanfängern pro Jahr bisher stabil da. Damit dies so bleibt, ergreift sie ein ganzes Bündel von Maßnahmen:

  • Elementar sind moderne attraktive Studiengänge. Die HHU, eine Volluniversität mit einer Medizinischen Fakultät, allerdings ohne Ingenieurwissenschaften oder Lehramtsstudiengänge, hat in den letzten fünf Jahren eine Reihe stark nachgefragter Studiengänge – mit möglichst wenig traditionellen Bezeichnungen – eingeführt. Während beim Master der Trend vor allem in Richtung Spezialisierung (zum Beispiel Industrial Pharmacy, M.Sc.) geht, erweisen sich beim Bachelor transdisziplinäre Studiengänge unter Beteiligung der Philosophischen Fakultät (zum Beispiel Philosophy, Politics and Economics, B.A. und Transkulturalität, B.A.) als attraktiv und erfolgreich.
     
  • Zweitens ist die innere Reform von Studiengängen ein wichtiges Instrument. Dies meint Modernisierung, Orientierung an den Bedürfnissen des Arbeitsmarkts und – besonders aktuell – die Etablierung von digitalen Inhalten und Lehr- und Lernformaten. Die HHU möchte Präsenzuniversität bleiben, gleichwohl fachspezifische, attraktive digitale Formate entwickeln und integrieren.
     
  • Eine weitere Maßnahme ist die stärkere Outputorientierung, die Steigerung der Absolventenquote durch Verbesserung der Qualität der Ausbildung, von der Einführungsphase bis hin zur Prüfungszeit. Bei sinkenden Studierendenzahlen ist dies ein wichtiges Argument gegenüber der Politik, der Versuchung zu widerstehen, mit finanziellen Einschränkungen zu reagieren, anstatt die Betreuungssituation zu verbessern.

 
Die HHU unterstreicht all diese Vorzüge in ihrem Studierenden-Marketing,
sowohl in Präsenzformaten als auch in der "Sprache der jungen Leute" in den sozialen Medien. Dies betrifft ebenfalls den Standort, für die HHU ganz sicher ein Vorteil: Sie liegt in einer attraktiven Stadt und ist eine Campus-Universität, an der sich alles an einem Ort befindet. Sie ist aus Ruhrgebiet, Rheinland und vom Niederrhein aus gut zu erreichen, so dass Pendeln aus dem Umland ohne Herumreisen im Stadtgebiet einfach möglich ist.

Die schwierigste Maßnahme ist die interne Umschichtung von Ressourcen. In den vergangenen rund 20 Jahren konnten Hochschulen diese konfliktträchtige Maßnahme vielfach umgehen. Der Zuwachs an Studierenden führte zu diesem Trend teilweise folgenden finanziellen Zuwächsen, über die verschiedenen Hochschulpakte bis hin zum sogar verstetigten Zukunftsvertrag "Studium und Lehre stärken". Diese Zeiten dürften vorüber sein. Die Zeichen stehen auf Verteidigung des finanziellen Status quo. Stellenweise dürften angesichts der angespannten öffentlichen Haushalte eher Einsparungen drohen.

Die Hochschulen und auch die HHU müssen hierauf intern mit einem noch stärkeren Leistungsmonitoring reagieren. Dabei werden Fächer, die sowohl in der Forschung als auch in der Lehre, hier vor allem durch eine geringe Auslastung/Attraktivität und/oder eine geringe Absolventenquote, unterdurchschnittliche Leistungen aufweisen, unter Legitimationsdruck geraten. Sie werden mindestens dann mit einer unangenehmen Diskussion über den Abzug von Ressourcen rechnen müssen, wenn sie von der Hochschulleitung eröffnete Chancen auf Verbesserung nicht zu nutzen vermögen. Es wird hierbei in aller Regel jedoch nicht um die die Abwicklung von Fächern, sondern um die moderate und abgewogene Verschiebung einzelner Professuren nebst Folgepersonalstellen gehen. Dabei sind die besondere Situation kleiner Fächer wie auch die Bedürfnisse des Arbeitsmarkts zu berücksichtigen. Ein großflächiger Abbau ingenieurwissenschaftlicher Studienplätze (über die die HHU nicht verfügt) kommt zum Beispiel trotz der aktuellen Flaute für einen Industriestandort wie Deutschland nicht in Frage.

Nach all diesen Einschränkungen veranlasst die aktuelle Situation auch das Rektorat der HHU dazu, trotz stabiler Zahlen von Anfängerinnen und Anfängern Überlegungen über den zielgerichteten Einsatz ihrer Ressourcen anzustellen. Hochschulen, die aufgrund ihrer Fächerstruktur, von Standortnachteilen oder anderen Faktoren schon jetzt stärker unter Druck stehen, werden sich vermutlich noch schneller und intensiver mit dem Gedanken vertraut machen müssen, dass mindestens die Zeiten, in denen man Bereiche stärken konnte, ohne andere in Mitleidenschaft zu ziehen, vorüber sein dürften.